Rede zum Antrag der Grünen: Fond für den Karneval der Kulturen

Rede im Abgeordnetenhau, 07.11.2013 (Videomitschnitt des rbb)

Bitte schauen Sie sich in diesem Zusammenhang auch die Reden von SPD und CDU (unter: Fonds für den Karneval der Kulturen) an, denn sie zeigen in beispielshafter Art und Weise wie wenig der Senat gerade diejenige engagierte Arbeit vieler Menschen wertschätzt, die das Image der Stadt Berlin als multikulturelle und weltoffene Stadt mitprägen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!                           Unser Antrag zur Einrichtung eines Fonds für Gruppen, die sich am Karneval der Kulturen beteiligen, ist von SPD und CDU in beiden Ausschüssen, Wirtschaftund Kultur, kommentarlos abgelehnt worden. Die Koalition hat keinen einzigen Grund für die Ablehnung dargelegt, und deswegen bin ich heute gespannt, das erste Mal etwas darüber zu hören.Hier noch mal die Eckdaten: Der Karneval der Kulturen bekommt vom Senat ca. 250.000 Euro. Er kostet 750.000Euro. Die Differenz bringt das Karnevalsbüro

alleine auf. Das heißt: Auf jeden Euro Fördermittel kommen zwei Euro Sponsorengelder bzw. Einkünfte aus den kommerziellen Ständen –nicht alle Stände sind kommerziell. Welches Projekt in dieser Stadt schafft es, regelmäßig die Fördermittel zu verdoppeln?

Der Karneval bringt außerdem nach Schätzungen der Investitionsbank Berlin jährlich 4,2 Millionen Euro an öffentlichen Einnahmen. Für die Jahre 2001 bis 2011 geht die Investitionsbank Berlin in ihrem Gutachten von einem zusätzlichen Bruttoinlandsprodukt von 54,2 Millionen Euro aus und schätzt die erhaltenen bzw. geschaffenen Arbeitsplätze in diesem Zeitraum auf 220. Dazurechnen müsste man auch die Kosten, die die Gruppen für ihre Wagen und Formationen aus der eigenen Tasche aufbringen. Bei 80 Gruppen und durchschnittlichen Kosten von 5000 Euro sind das noch mal 400.000 Euro. Damit habe ich sehr vorsichtig gerechnet, denn viele Formationen kosten sehr viel mehr. Kostüme, Wagenmiete, Material für die Gestaltung der Wagen, aber auch die Mittel für die technischen Sicherheitsvorkehrungen, Probenräume, Werkstätten, das alles bringen die Künstlerinnen und Künstler, die den Karneval zu dem machen, was er ist, selbst auf.

Wir haben nicht diskutiert, und daher auch keine Antwort erhalten auf die Frage, warum der Senat noch nie eine Besucheranalyse für den Karneval durchgeführt hat. Für den CSD wurde das schon zweimal gemacht, und die vorgelegten Analysen sind eine enorme Unterstützung, auch bei der Suche nach Sponsoren. Kultur wird in dieser Stadt wie eine endlos nachwachsende Ressource verschleudert und vergeudet. Der Kultursenator Klaus Wowereit hat genug persönlichen Kontakt zu Künstlerinnen und Künstlern, um zu wissen, dass Kreativität sich immer ausdrücken muss und sich unter allen Umständen Wege zur Realisierung sucht. Wen könnte man also besser schröpfen und ausbeuten als die Menschen, die das, was sie machen, gerne machen und damit auch gar nicht aufhören können?

Die Kreativen sind die Melkkühe in der Berliner Kulturpolitik. Der Karneval der Kulturen gehört zu den großen Berliner Kulturereignissen – neben dem CSD, der Berlinale usw.Damit könnte Berlin in einer Reihe mit London, Rio, Aguja, Zürich und anderen gehören, die ihren Karneval der Kulturen zum Teil natürlich sehr viel größer

feiern. Überall werden diese Events auch öffentlich gefördert, nur hier wird es als Folklore Trallala kleingehaten.

Die Berliner Politik ist noch lange nicht so weltoffen, wie sie gerne tut, und wir bleiben an diesem Thema dran!

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