Mein Redebeitrag zum AfD Antrag - "Erdogan die Grenzen aufzeigen: Die Zusammenarbeit mit DITIB beenden!"

Sehen Sie hier meine Rede im Video-Mitschnitt des rbb.

Sehr geehrte Damen und Herrn! Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich fordere zunächst einmal von der AfD, dass sie sich erst mal mit ihrem eigenen Antisemitismus beschäftigt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Elke Breitenbach (LINKE) – Zurufe von der AfD]

Anders als der türkische Präsident Erdoğan, der morgen zum Staatsbesuch kommt, sitzen Sie nämlich hier in unseren Parlamenten.
Am 19. Oktober warf der Co-Parteichef der AfD, Tino Chrupalla, im Bundestag den Unterstützerinnen und Unterstützern Israels „Kriegshetze“ vor. Er forderte stattdessen eine, so wörtlich, „interessengeleitete Politik“ mit – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – „freiem und friedlichem Handel mit Öl und Gas … statt Krieg und Feindschaft.“
Der sachsen-anhaltinische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider sprach sich öffentlich für eine „neutrale Position“ zwischen Israel und der Hamas aus, da Deutschland Interessen sowohl „an guten Beziehungen zu Israel“ als auch „zum Iran“ habe, und zwar – ich zitiere wieder mit Erlaubnis des Präsidenten – „allein schon wegen der Rohstoffe“.

Israel das Recht auf Verteidigung abzusprechen, um das eigene Interesse an Öl und Gas zu verfolgen, das ist AfD Politik.
Bekanntlich hatte Höcke schon 2015 in seiner Rede in Dresden eine – ich zitiere wieder mit Erlaubnis des Präsidenten – „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ propagiert und die deutsche Erinnerungskultur als, so wörtlich, „dämliche Bewältigungspolitik“ diffamiert. Ich fordere daher, in Abwandlung des Titels Ihres Antrags, der AfD Grenzen aufzuzeigen und die Zusammenarbeit mit diesen Nazis zu beenden.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der AfD]

Weder die Jüdinnen und Juden in diesem Land haben etwas von der AfD zu erwarten noch die Palästinenserinnen und Palästinenser, die um ihre Liebsten bangen, die Familienangehörige verloren haben und nicht wissen, wie es ihnen geht.

Berlin ist so voller Leid und Schmerz in diesen Wochen seit dem Terrorangriff der Hamas und dem Gegenschlag Israels, und viele Menschen arbeiten bis zur Erschöpfung und über ihre Grenzen hinaus daran, uns zusammenzuhalten, auszugleichen, Trost zu spenden und ganz konkret Hilfe zu organisieren:
In den Schulen, wo die durch TikTok traumatisierten und verhetzten Jugendlichen nicht wissen, wohin mit sich.
In den vielen spontan angesetzten Beratungen und Fortbildungen für die Lehrerinnen und Lehrer – zum Glück haben wir Leute, die damit lange Erfahrung und jetzt sofort bereit gestanden haben –, in den Beratungen der Jüdinnen und Juden, die Angst haben und antisemitische Gewalt und Diskriminierung erfahren – OFEK hat seit dem Terrorangriff der Hamas 390 Anfragen von Betroffenen gehabt, in dem ganzen vergangenen Jahr waren es nur 369 –, bei der Polizei, die mit den aufgebrachten Demonstrationen umgehen und in der aggressiven Stimmung Meinungsfreiheit achten und Hassbotschaften unterscheiden muss – auch die adäquate Reaktionen auf die vielen Kinder und sehr jungen Jugendlichen, die ich in den letzten Wochen an der Sonnenallee beobachtet habe, waren für die Einsatzkräfte nicht einfach – und in den Moscheen, wo Imame jeden Freitag versuchen, Worte des Trostes und des Zusammenhalts zu finden.
Oder denken Sie vielleicht, dass es ohne die Erklärungen des Rats der Imame so relativ ruhig auf den Straßen geblieben wäre? – Das hätte ganz anders abgehen können, und das wäre es auch.

Die AfD dagegen nährt sich vom Konflikt und den Problemen, die wir anderen zu lösen versuchen, und wie die Schmeißfliegen setzen Sie sich auf die Risse und Wunden und fressen sich fett daran.

[Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Was den Besuch des Präsidenten Erdoğan angeht, schließe ich mich meinem Kollegen, dem grünen Europa-Abgeordneten aus dem Parlament, Sergey Lagodinsky an. Er hat in einem Gespräch mit der „Berliner Morgenpost“ gestern gefordert, dass Olaf Scholz Erdoğan klarmacht, dass seine Äußerungen die nationalen Interessen Deutschlands und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährden. Er fordert vom Kanzler eine klare Haltung, und das heißt: kein Schweigen zur Hetze gegen Israel, nur um wieder Flüchtlingsdeals machen zu können, die dann Menschen zwingen, in der Türkei zu bleiben, und eine klare Haltung zur Rolle der DITIB.

Und ja, wir müssen in der Imamausbildung und Finanzierung für Moscheen in Deutschland endlich weiterkommen, aber das diskutiere ich nicht mit der AfD und nicht jetzt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

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