Mein Brief an den Integrationsbeauftragten von Neukölln, Herrn Mengelkoch

Am 28. Februar war der Neuköllner Integrationsbeauftragte auf Einladung der CDU im Ausschuss für Frauen, Integration und Arbeit im Abgeordnetenhaus. Thema war die Umsetzung des Berliner Partizipations- und Integrationsgesetzes in den Bezirken.

Nach seiner Stellungnahme - hier im Original nachzulesen - war auch die CDU-Fraktion sprachlos. Während nämlich die Integrationsbeauftragte aus Pankow, Frau Wüsten, einen Bericht über die Umsetzung des Gesetzes vorgelegt und dabei eine durchaus kritische, aber gut begründete Bilanz gezogen hatte, erklärte er seine Neuköllner Sicht der Dinge: Die Diskussion über das Gesetz "stielt uns die Zeit".

 

Im Nachgang der Sitzung erhielt ich einen Brief des Migrationsbeauftragten, der sich auch auf meine Kritik an seiner Haltung bezog. Hier meine Antwort:

 

"Sehr geehrter Herr Mengelkoch,

vielen Dank für Ihren Brief.  .... Sie mussten – zu einem Teil auch stellvertretend für das Bezirksamt und für Ihren Dienstherren, Herrn Buschkowsky - meine Kritik an der integrationsfeindlichen Politik im Bezirk „einstecken“. Ich weiß, dass Sie persönlich immer wieder Initiativen und Projekte unterstützt haben und dieses Engagement schätze ich sehr.

Aber ich muss auch noch einmal klar sagen, dass dieses freundliche persönliche Engagement natürlich eine aktive Integrationspolitik nicht ersetzen kann. Im Einzelfall Initiativen und Einzelpersonen zu unterstützen ist etwas ganz anderes als eine Politik, die Menschen einbe-zieht und ihnen auf Augenhöhe die Möglichkeit der Einflussnahme gibt:

Sie verweisen in Ihrem Brief auf die gute Integrationsarbeit in Neukölln. Da stimme ich Ihnen zu und das habe ich im Ausschuss auch so gesagt: Es gibt eine vielfältige und gute Integrationsarbeit in Neukölln. Aber diese Arbeit schaffen die Bürgerinnen und Bürger, schaffen die Organisationen, Vereine und freien Träger aus eigenem Antrieb und weitgehend allein. Sie werden nicht als Expert_innen auf diesem Gebiet in die politische Entscheidungs-findung einbezogen.

Neukölln ist das beste Beispiel für eine multikulturelle und funktionierende Zivilgesellschaft, die sich von schwierigen politischen Verhältnissen nicht blockieren lässt.

Der Beirat hat nie seine Funktion als Repräsentant und Fachgremium wahrnehmen können. Das haben auch Sie persönlich mit verhindert. Da Sie sich klar gegen das kommunale Wahl-recht für Drittstaatenangehörige ausgesprochen haben, war es nur konsequent den Beirat als Vertretungsorgan für diese Menschen zu marginalisieren.

Da Sie außerdem ganz offen das PartIntG ablehnen und an den regelmäßigen Arbeitstreffen der Berliner Integrations- und Migrationsbeauftragten schon lange nicht mehr teilnehmen, war zu befürchten, dass der Ausschuss ebenso blockiert wird. Es freut mich zu hören, dass das bisher nicht passiert ist.

Das Papier, das Sie uns im Ausschuss vorgelegt haben, konnte man nur als Ausdruck Ihrer Missachtung des Abgeordnetenhauses verstehen. Stellen Sie sich vor, ein Träger im Bezirk würde Ihnen einen solchen Arbeitsbericht vorlegen. Das wäre das Aus für jede Zusammenarbeit. Ihre Kollegin Frau Wüsten aus Pankow hat demgegenüber eine Bilanz der umgesetzten Maßnahmen und eine fundierte Kritik des Gesetzes vorgelegt. Daran hat der Senat mehr zu verdauen als an einer leeren Polemik aus Neukölln.

Neukölln hat sich seit Jahren integrationspolitisch isoliert. Wenn es hier so vorbildlich laufen würde wie Sie sagen, dann wäre es für die Stadt ein Verlust, dass Sie an den regelmäßigen Runden der anderen Beauftragten nicht mehr teilnehmen - schließlich könnten diese von Ihnen lernen. Aber vermisst man dort die Ratschläge aus Neukölln?

Die Nazi-Aktivitäten nehmen in Neukölln enorm zu. Es wird gegen Flüchtlinge und gegen engagierte Bürger_innen gehetzt. Integrationspolitik ist immer auch Antirassismus und Antidiskriminierungspolitik: Wo findet das in Neukölln statt? Auch das ist Teil des von Ihnen abgelehnten PartIntG.

Laden Sie doch einmal andere Integrations- und Migrationsbeauftragte in den Ausschuss ein: Sie werden erstaunt sein, was in armen Städten NRWs mit gleicher Bevölkerungszusammen-setzung politisch alles möglich ist. Sie werden eine andere Sprache hören, andere Ideen und einen respektvollen und produktiven Umgang miteinander.

Ich hoffe, dass Sie meine Kritik nachvollziehen können, auch wenn Sie meine Haltung nicht teilen. Und ich wünsche mir, dass eine gute Zusammenarbeit weiterhin möglich bleibt. "

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