Kleine Anfrage und Antwort: Bilanz: Ein Jahr Anerkennungsgesetz in Berlin

Das Druckdokument zur Kleinen Anfrage: Bilanz: Ein Jahr Anerkennungsgesetz in Berlin (ka17 / 11 918) finden Sie hier.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
1. Wie viele Beratungen hat die Erstanlaufstelle des IQ Netzwerks Berlin seit November 2012 für welche Berufe durchgeführt (Bitte getrennt nach Monaten auflisten: telefonisch, persönlich, online)?
2. Ist der Senat mit der Anzahl der Beratungen zufrieden?

Zu 1. – 2.: Die Beratungsleistung des gesamten Netzwerks „Integration und Qualifizierung - IQ“ mit vier Beratungsstellen, umfasst von 01.01.2012 bis zum 01.03.2013 insgesamt 1356 Beratungsfälle. Die Beratungsfälle in der Zentralen Erstanlaufstelle Anerkennung umfasst in dem Zeitraum von 01.11.2012 bis 30.03.2013 insgesamt 419 Beratungsfälle. Eine Auflistung nach Berufen ist im Rahmen der Anerkennungsberatung nicht möglich. Die Erfassung der Ratsuchenden erfolgt nach Berufsgruppen, da die Festlegung eines konkreten Berufes erst bei der Antragstellung in Rücksprache mit den anerkennenden Stellen erfolgt. Bei 11 Beratungsfällen im November ist eine konkrete Zuordnung zu Berufsgruppen in der damaligen Statistik noch nicht erfolgt, da diese Zuordnung Anfang November erst eingeführt wurde. Der Senat ist mit den Beratungszahlen der Zentralen Erstanlaufstelle Anerkennung (ZEA) sehr zufrieden. Die Beratungsstellen des IQ Netzwerk befanden sich seit Juni 2012 im Aufbau. Im Vergleich zu Zahlen aus anderen Bundesländern werden in Berlin überdurchschnittlich viele Personen in Anerkennungsfragen beraten. Ver-gleichsweise hat z.B. die zentrale Anlaufstelle Anerkennung in Hamburg (ZAA) 411 Personen im 4. Quartal 2012 beraten. Die ZAA in Hamburg ist jedoch bereits seit Oktober 2010 im Einsatz und verfügte 2012 schon über eine gut etablierte Beratungsstruktur über mehrere Monate. Da bei der Beurteilung der Beratungsleistung der Anerkennungsberatung in Berlin auch noch die Beratungen der drei weiteren Beratungsstellen (Coaching Projekte) bei LIFE e.V., Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V. und Club Dialog e.V. zu berücksichtigen sind, liegt die Gesamtberatungsleistung des IQ Netzwerk Berlin erheblich höher.

3. In wie vielen Fällen wurden die Ratsuchenden seit November 2012 an welche anderen Beratungsstellen sowie an die IHK und HWK weitergeleitet?
4. Ist der Senat mit der Anzahl der Weiterleitung zufrieden?

Zu 3. - 4.: Die Zentrale Erstanlaufstelle berät alle Interessierten zum Anerkennungsgesetz und den Anerkennungsverfahren. Wenn ein intensiverer Beratungsbedarf zu erkennen ist, werden die Personen innerhalb des IQ Netzwerks in die Coaching Projekte weitergeleitet. Wenn eine Anerkennung der ausländischen Qualifikation möglich erscheint, erfolgt die Weiterleitung zu einer anerken-nenden Stelle. Wenn keine Anerkennung zielführend für das Anliegen der ratsuchenden Person erscheint, erfolgt eine Weiterleitung zu anderen Bildungsberatungsstellen, sofern die Person weiter beraten werden möchte. Der Senat ist mit den Zahlen der Weiterleitung zufrie-den. Nur wenige Personen wurden von der Zentralen Erstanlaufstelle Anerkennung nicht weitergeleitet. In diesen Fällen wurden entweder Anfragen aus dem Ausland gestellt, ein Antragsverfahren zur Anerkennung ist nicht möglich oder die Person hatte kein Interesse an einer Anerkennung, wurde aber durch das Jobcenter in die Bera-tung geschickt oder die Beratung wird in der Zentralen Erstanlaufstelle durch Folgeberatungen noch fortgesetzt.

5. Wie viele Anträge aus Berlin sind bisher schon entschieden worden?
6. Wie viele Anträge aus welchen Berufen und Län-dern sind bisher noch nicht entschieden worden? (Bitte Tag der Antragstellung angeben.)                          7. Wie viele der Anträge in welchen Berufen und Herkunftsländern sind bisher abgelehnt worden?
8. Wenn der Senat die Fragen 9-11 nicht beantworten kann - vgl. 17/11159 - wie kann er dann überhaupt Aussagen zur Anerkennungsberatung geben?
9. Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit?
Zu 5. -9.: Der Senatsverwaltung Arbeit, Integration und Frauen liegen die Antragszahlen zum am 01.04.2012 in Kraft getretenen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) vor, für den Bereich, in dem die Referenzberufe dem dualen System der Berufsbildung nach Berufs-bildungsgesetz und Handwerksordnung zuzuordnen sind (Stand: Februar / März 2013). Bei der Tierärzte-, Zahnärzte-, Apotheken-, Steuerberater-, Rechtsanwalts- und Notarkammer sind im Zeitraum April 2012 bis März 2013 bisher keine Anträge auf Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse eingegangen. Grundsätzlich ist anzumerken, dass - nach ersten Erfahrungen - der weitaus größere Teil der Anträge in den reglementierten Berufen (Ärztinnen/Ärzte, Krankenpflegerinnen/ Krankenpfleger) erfolgt, in denen von den Ländern bestimmte Stellen für Anerkennungsverfahren zu-ständig sind (in Berlin insbesondere Zuständigkeitsbereich des Landesamtes für Gesundheit und Soziales – LaGeSo –). Eine Nennung von Fallzahlen unter Angabe des Tages der Antragstellung ist hierzu jedoch aufgrund der für Kleine Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Soweit bekannt, werden die Anträge im Rahmen der im BQFG vorgeschriebenen Bearbeitungsfrist innerhalb von drei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Un-terlagen abschließend beschieden. Hierbei ist anzumerken, dass das Interesse an den neuen Verfahren der beruflichen Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse nach wie vor sehr hoch ist. Seit der Freischaltung im April 2012 zählt das Anerkennungsportal des Bundes rd. 338.000 Besucherinnen und Besu-cher, etwa 44 % davon aus dem Ausland (Stand: 28.02.2013). Auch die bundesweite Hotline zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, die vom Beratungsservice des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge angeboten wird, wurde und wird weiterhin rege nachgefragt. Mehr als 7.000 Menschen aus 140 Ländern haben von April bis Ende Dezember 2012 hier eine telefonische Anfrage gestellt. Doch nicht jede Beratung führt zwangsläufig zu einem Antrag; so kann vielen Interessenten durch die Beratung mit anderen Maßnahmen, wie z.B. Qualifizierungen oder Umschulungen, weitergeholfen werden. Das Handwerk berichtet bspw. davon, dass Beratungen von Interessenten oft auch direkt in eine selbständige Berufsausübung münden. Die Senatsverwaltung Arbeit, Integration und Frauen gibt Aussagen zu den Anerkennungsberatungen, die im Vorfeld einer Antragstellung als Verweisberatung im IQ Netzwerk Berlin durchgeführt werden. Zu den Beratun-gen erfolgen regelmäßig statistische Auswertungen, die durch das Bundesförderprogramm „Integration durch Qualifizierung – IQ“ erhoben und durch eigene Auswer-tungen des IQ Netzwerk Berlin ergänzt werden. Eine erste umfassende und verlässliche Statistik zum Vollzug des Bundes-BQFG wird vom Statistischen Bun-desamt voraussichtlich im Herbst 2013 vorliegen.

10. Die IHK hat in der Bilanzierung des Anerken-nungsgesetzes darauf hingewiesen, dass die „Zentrale Erstanlaufstelle Anerkennung“ bei MigrantInnen noch unbekannt ist. Wer wurde wie nach §§ 42, 42 GGO II beteiligt aus den Reihen der
 Fachkreise
 Verbände
 Ausländerverbände?
(Bitte tabellarisch nach Monaten getrennt auflisten.)

Zu 10.: Den Eindruck der IHK Berlin teilt der Senat nicht. Es war von Anfang an ein großes Anliegen des Se-nats die Zentrale Erstanlaufstelle Anerkennung insbeson-dere durch das Erreichen von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bei vielen Migrantinnen und Migranten, ihren Communities und Verbänden bekannt zu machen. Allein in 2012 wurde in 115 Veranstaltungen und Arbeitsgruppen oder Gremiensitzungen das IQ Netzwerk und seine Angebote der Anerkennungsberatung beworben oder vorgestellt. Viele dieser Aktivitäten erfolgten mit Migrantenorganisationen oder in Treffen von -verbänden bzw. -beiräten, zu denen Vertreterinnen und Vertreter des IQ Netzwerks geladen wurden oder als Mitgliedsvereine auftraten. Zum Teil wurden dort auch mehrfache Veranstaltungen angeboten.

11. Ebenso hat die IHK dem Senat geraten, die Bera-tungsangebote verstärkt zu bewerben. Welche Strategie hat der Senat diesbezüglich in welchem Zeitraum mit welchen Maßnahmen und welchen Indikatoren?

Zu 11.: Seit April 2012 wurde monatlich im Newsletter der Integrationsbeauftragten zum IQ Netzwerk und zu dem Beratungsangebot sowie ersten Ergebnissen, Fallbei-spielen berichtet. Eine Rubrik „Anerkennung“ wurde eingeführt. Es wurden Werbematerialien erstellt und an einen großen Verteiler von strategischen Partnern verschickt. Eine Aktualisierung erfolgte im April 2013, so dass neue Materialien verschickt wurden. Die Website www.berlin.netzwerk-iq.de wurde im September 2012 eingerichtet und insbesondere zu dem Informationsteil „Anerkennung“ in mehrere Sprachen übersetzt.

Darüber hinaus plant die Senatsverwaltung Arbeit, Integration und Frauen eine Kampagne in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerks-kammer. Dem Senat liegt ein Strategiekonzept vor, welches mit den Kammern derzeit besprochen wird. Die Um-setzung ist in 2013 und 2014 geplant.

12. Warum werden derzeit keine gesetzlichen Regelungen auf Landesebene für die Anerkennung von Hochschulabschlüssen erarbeitet, die auf nicht reglementierte Berufe hinführen?

Zu 12.: Die Gesetze zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen haben das Ziel, Strukturen und Verfahren zur Bewertung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen weiter zu öffnen, zu vereinfachen und zu verbessern. Hochschulabschlüsse als solche stellen zumeist zwar einen akademischen Abschluss dar, aber üblicherweise gerade keinen Berufsabschluss. Daher kommen Hochschulabschlüsse als solche für Regelungen in Bezug auf die Anerkennung beruflicher Qualifikationen nur dann in Betracht, wenn ein solcher Abschluss einen unmittelbaren Zugang zu einem Beruf eröffnet.

Berlin, den 10. Juni 2013
In Vertretung
Barbara Loth, Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2013)

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