In meiner Rede betone ich die Bedeutung des Sonntags als Ruhetag und seinen geschichtlichen Hintergrund. Es ist notwendig, dass jüdische Mitbürger*innen die Möglichkeit haben, am Wochenende einkaufen zu können, insbesondere für jene, die koschere Lebensmittel benötigen. Ich argumentierte gegen Vorbehalte bezüglich einer möglichen Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und betonte, dass der Kampf gegen Antisemitismus mehr als nur symbolische Maßnahmen erfordert. Ich plädierte dafür, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die jüdischen Familien ein normales Leben und Einkaufen ermöglichen.
Sehen Sie hier meine Rede im Video-Mitschnitt des rbb.
Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sie wissen wahrscheinlich alle, wie wir den Sonntag als Ruhetag halten und warum wir ihn gesetzlich schützen. Das Christentum, dem wir diesen Tag verdanken, ist als zunächst kleine Gruppe aus dem Judentum hervorgegangen. Um sich von den Juden und damit von ihrem Ursprung abzusetzen, beschlossen sie, nicht mehr den Samstag beziehungsweise Schabbat zu halten, sondern künftig den Sonntag zu etablieren, was dann mit dem schnellen Machtaufstieg der Kirchen global durchgesetzt wurde. Juden und Jüdinnen in Deutschland sind nicht nur Figuren in jüdischen Museum, sie sind nicht nur die Vergangenheit des Christentums, sondern Bürgerinnen und Bürger. Einige von ihnen, nicht alle, leben nach den religiösen Geboten, von denen die Christen behaupten, sie seien überholt. Das heißt, sie schließen ihre Läden am Schabbat, halten sich an die Arbeits - und Tätigkeitsverbote und können damit am Wochenende nie einkaufen, denn die Sonntagsschließung der Läden verteidigt ja die Kirche. Warum, das habe ich gerade erläutert.
Es geht bei diesem Antrag zur Ergänzung des Ladenschlussgesetzes um vier Läden in dieser Stadt, deren Besitzer für sich selber die Gebote einhalten und für ihre Kundinnen und Kunden koschere Lebensmittel anbieten. Zur Parteipolitik eignet sich dieser Antrag meiner Meinung nach nicht. Aber mein Versuch, einen gemeinsamen Antrag mit den demokratischen Pgion nicht auffällt, sind natürlich bequemer. Aber warum soll Religion bequem sein und vor allem für wen? Der Kampf gegen Antisemitismus erschöpft sich nicht in Erinnerungskultur, interreligiösem Dialog und irgendwelchen Definitionen. Man muss hier in Berlin ganz banal als jüdische Familie einfach leben und einkaufen können, ob man nun streng religiös lebt oder nicht. Als Religionspolitikerin sehe ich meine Aufgabe darin, dafür gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss doch noch einen Schritt weiterkommen. [Beifall bei den GRÜNEN]arteien zu erarbeiten, war leider bisher nicht erfolgreich. Die Gründe: Erstens könne es Trittbrettfahrer geben, die koschere Lebensmittel in ihre Spätis stellen. Als ob es so einfach wäre, koschere Lebensmittel im Großhandel zu bekommen. Man könnte außerdem einfach die Läden bei den Ordnungsämtern auflisten und ab und zu kontrollieren. Nichts ist präziser geregelt als das Siegel „koscher“.
Zweitens: Die Kirchen hätten doch schon erfolgreich gegen Sonntagsöffnungen geklagt, und weitere Versuche wären zwecklos. Dass die Kirchen die Sonntagsschließzeiten verteidigen, begrüßen wir ausdrücklich, denn das Leben besteht schließlich nicht nur aus Arbeiten und Profitlogik. Ob die Kirchen allerdings gegen die Öffnung einer Handvoll koscherer Läden klagen würden, wage ich zu bezweifeln. Ich hoffe das zumindest.
Drittens: Man müsse, wenn man das regelt, auch den Muslimen etwas anbieten. Dafür bin ich immer zu haben. Aber ich glaube, dass wir d keine Ladenöffnungszeiten, denn bei Muslimen geht es um andere Erleichterungen als um die Anerkennung von Feiertagen. Und noch ein Argument: Die Juden und Jüdinnen, die sich an die Arbeitsund Tätigkeitsverbote halten, müssten das ja nicht; es gäbe ja auch welche, die das nicht tun. Aber wer bestimmt das eigentlich? Religiöse Menschen, deren Religion nicht auffällt, sind natürlich bequemer. Aber warum soll Religion bequem sein und vor allem für wen?
Der Kampf gegen Antisemitismus erschöpft sich nicht in Erinnerungskultur, interreligiösem Dialog und irgendwelchen Definitionen. Man muss hier in Berlin ganz banal als jüdische Familie einfach leben und einkaufen können, ob man nun streng religiös lebt oder nicht. Als Religionspolitikerin sehe ich meine Aufgabe darin, dafür gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss doch noch einen Schritt weiterkommen.
[Beifall bei den GRÜNEN]