Schriftliche Anfrage: Anerkennung von ausländischen Abschlüssen im Gesundheitsbereich: Scheitern sie an der Approbation?

Das Druckdokument zur Schriftlichen Anfrage "Anerkennung von ausländischen Abschlüssen im Gesundheitsbereich: Scheitern sie an der Approbation?" finden sie hier.


Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

1. Wie viele Anträge auf Approbation sind seit 2011 von Menschen mit im Ausland erworbenen Abschlüssen gestellt worden?

Zu 1.: Das (Bundes-) Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 6. Dezember 2011 (AnerkennungsG) ist am 01. April 2012 in Kraft getreten. Durch dieses Gesetz wurde in den einzelnen Berufsgesetzen (z. B. Bundesärzteordnung) die Möglichkeit geschaffen, auch Angehörigen von Staaten außerhalb der EU/ des Europäi-schen Wirtschaftsraumes (EWR) eine Approbation zu erteilen. Voraussetzung ist die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes. Abschlüsse (mit Ausnahme der Ausbildungen nach dem Psychotherapeutengesetz) aus dem EU-Ausland unterliegen bereits seit dem Jahr 2005 der sog. automatischen Anerkennung, die auf einer Koordinierung der Mindestanforderungen der Ausbildung beruht (Artikel 21 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates).

Erst durch das AnerkennungsG wurde die statistische Erfassung der Verfahren (ab Antragstellung) zur Feststellung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsqualifikationen eingeführt. Deshalb kann zu Frage 1 nur mitgeteilt werden, dass im Jahr 2013 insgesamt 423 Anträge auf Erteilung der Approbation auf der Grundlage einer ausländischen Berufsqualifikation gestellt wurden. Darüber hinaus wurden 219 Anträge auf Erteilung einer Berufserlaubnis gestellt.

2. In welchen Ländern wurden die Abschlüsse der Antragsteller_innen erworben? Für welche Berufe sind Anträge gestellt worden?

Zu 2.: Anträge auf Erteilung von Approbationen werden auf der Grundlage von Ausbildungsabschlüssen aus fast allen Ländern der Welt gestellt. Aus der EU sind im Land Berlin die Ausbildungsländer Griechenland, Österreich, Polen, Spanien, Italien und Zypern am stärksten vertreten. Ausbildungen aus den Drittstaaten stammen mehrheitlich aus Russland, der Ukraine, Saudi-Arabien, Aserbaidschan, Syrien und Libyen.

Gestellt wurden Anträge auf Erteilung der Approbation als: Ärztin und Arzt, Zahnärztin und Zahnarzt, Apothekerin und Apotheker, Tierärztin und Tierarzt, Psychologische Psychotherapeutin und Psychologischer Psychotherapeut (PPT) und Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut (KJPT).

3. Wie viele Approbationen wurden erteilt? (Bitte gesondert angeben für die diversen Berufe im Gesundheitsbereich).

Zu 3.: Über die tatsächlich erteilten Approbationen lassen sich ab 2011 folgende Angaben machen:


Ärztinnen und Ärzte

Zahnärztinnen und Zahnärzte

Apothekerinnen und Apotheker

Tierärztinnen und Tierärzte

PPT

KJPT

2011

154

16

12

2

0

0

2012

297

28

10

8

1

0

2013

197

29

14

6

4

0

2014 Stand: 31.05.2014

117

11

6

3

0

0

 

4. Wie viele Anträge wurden abgelehnt und mit welchen Begründungen?

Zu 4.: Ablehnungen werden statistisch nicht erfasst. Deshalb lassen sich weder Angaben zu den Zahlen noch zu Gründen machen. In der Regel erfolgen Ablehnungen wegen fehlender Gleichwertigkeit des Ausbildungs- und Kenntnis-standes, aber auch wegen fehlender Unterlagen, wenn die Antragstellerinnen oder Antragsteller das Anerkennungsverfahren nicht weiter verfolgen. Zahlreiche Anträge werden auch während des Verfahrens zurückgenommen.

5. Welche Möglichkeiten haben abgelehnte Antrag-steller_innen zur Nachqualifikation?

Zu 5.: Wird die mangelnde Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes (Ausbildung und Berufserfahrung werden berücksichtigt) festgestellt, sehen die Berufsgesetze als Anpassungsmaßnahme die Kenntnisprüfung vor. Diese erstreckt sich auf den Stoff der deutschen staatlichen Abschlussprüfung, Einzelheiten sind in der Verordnung zur Durchführung und zum Inhalt von Anpassungsmaßnahmen sowie zur Erteilung und Verlängerung von Berufserlaubnissen in den Heilberufen des Bundes geregelt (in Kraft seit dem 01. Januar 2014). Diverse Bildungsträger, in Berlin z. B. die Charité, bieten Vorbereitungskurse für die Kenntnisprüfungen an.„Nachqualifikation“ im Sinne von weiterer Ausbil-dung ist in den Berufsgesetzen durch das AnerkennungsG nicht vorgesehen. Es besteht nach dem Berliner Hoch-schulrecht allerdings die Möglichkeit, die Ausbildung unter Anrechnung des ausländischen Studiums zu beenden.

6. Wie lange ist die Bearbeitungszeit – von der ersten Beratung bis zur endgültigen Antwort?

Zu 6.: Zeiträume von der Beratung bis zur Entscheidung werden statistisch nicht erfasst. Erhoben wird die Bearbeitungszeit von der Antragstellung bis zur Bescheiderteilung. Die gesetzlich vorgeschriebene Frist von vier Monaten wird in 90 Prozent aller Fälle eingehalten, rd. 24 Prozent werden innerhalb eines Monats entschieden, die meisten Anträge (43,5 Prozent) werden innerhalb von drei Monaten entschieden. Den Fällen, in welchen die Frist überschritten wird, liegen in der Regel schwierige Sachverhalte zugrunde, insbesondere die Prüfung und Beurteilung von Ausbildungen und Berufserfahrung aus Dritt-staaten kann zeitaufwändig sein.

7. Welche Möglichkeiten gibt es für die Antragsteller_innen nach einer Ablehnung gemäß ihrer Qualifikation zu arbeiten?

Zu 7.: Sofern die gesetzlichen Höchstfristen für die Erteilung von vorübergehenden Erlaubnissen zur Berufsausübung noch nicht ausgeschöpft wurden, können Berufserlaubnisse erteilt werden. Des Weiteren kann in fachverwandten Berufen wie z. B. in der Pharmaindustrie oder in der Lebensmittelüberwachung gearbeitet werden. Ebenso bieten Wissenschaft und Forschung Beschäftigungsmöglichkeiten. Auch besteht die Möglichkeit – unter Anrechnung des ausländischen Studiums – die Ausbildung hier zu beenden, s. o. zu Frage 5.

8. Welche Stelle ist in Berlin für die Erteilung der Approbation an Menschen mit ausländischen Abschlüssen zuständig? Wie ist sie personell ausgestattet?

Zu 8.: Für die Erteilung von (allen) Approbationen in Berlin ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) zuständig. Für die Arbeitsgruppe „Erlaubniserteilung“ (Approbation und Berufserlaubnis) stehen 2,75 Vollzeitäquivalente (VZÄ) zur Verfügung.

9. Welche Gebühren werden für das gesamte Verfahren erhoben? Wie hoch sind sie?

Zu 9.: In der Verordnung über die Erhebung von Ge-bühren im Gesundheits- und Sozialwesen ist für die Approbationserteilung eine Rahmengebühr von 100 -430 € festgesetzt. Das LAGeSo erhebt in der Regel folgende Mittelgebühren:

  • Approbation mit EU-Ausbildung: 192 €
  • Approbation mit Drittstaatenausbildung: 350 €
  • Approbation nach vorheriger Berufserlaubnis: 271 €

Die höhere Gebühr für die Approbation mit Drittstaatenausbildung rechtfertigt sich durch den deutlich erhöhten Aufwand bei der Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes. Ggf. kommen noch Gebühren für Kenntnisprüfungen hinzu. Hier ist der Gebührenrahmen auf 250 -2000 € festgelegt.

Das LAGeSo erhebt in der Regel folgende Gebühren:

Ärztinnen

und Ärzte

Zahnärztinnen

und Zahnärzte

Apothekerinnen

und Apotheker

Tierärztinnen

und Tierärzte

PPT

KJPT

450€

1.731€

250€

1.395€

600€

600€

 

10. Hält der Senat angesichts der Bedarfe insbesondere an muttersprachlicher psychologischer und psychotherapeutischer Versorgung die erteilten Approbationen für ausreichend und die bestehende Praxis für angemessen?

Zu 10.: Die Entscheidung über die Erteilung einer Approbation hat sich allein nach den am Patientenschutz orientierten Voraussetzungen in den jeweiligen Berufsgesetzen zu richten (vgl. z. B. § 3 der Bundesärzteordnung, § 2 Psychotherapeutengesetz). Dort ist eine Prüfung des Bedarfes nicht vorgesehen und wäre auch verfassungsrechtlich nicht zulässig (Artikel 12 Grundgesetz). Eine etwaige Überversorgung darf genauso wenig zu der Ablehnung eines Approbationsantrags führen wie eine Unterversorgung zu einer erleichterten Erteilung. Das LAGeSo hat sich bei der Prüfung aller Approbationsanträge ausschließlich an die Berufsgesetze zu halten, Ermessensspielräume im Hinblick auf Bedarfe bestehen nicht.

Berlin, den 01. Juli 2014

In Vertretung

Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r

SenatsverwaltungfürGesundheit und Soziales

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