Schriftliche Anfrage: Strukturbildende Maßnahmen für die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten und Exilanten in Berlin

Das Dokument zur Anfrage "Schriftliche Anfrage: Strukturbildende Maßnahmen für die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten und Exilanten in Berlin" (18 / 17265) finden Sie hier.

 

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
 
1. An ca. 50 Standorten in der Stadt sind geflüchtete Menschen untergebracht. An wie vielen Standorten finden Projekte der Kulturellen Bildung mit geflüchteten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen statt? Bitte Standorte auflisten. An welchen Standorten finden Beratungsangebote der Wegweisung für Kunst- und Kulturschaffende mit Fluchterfahrungen in den Berliner Kunst- und Kulturbetrieb statt?

Zu 1.: Nur ein Teil der Projekte der kulturellen Bildung mit geflüchteten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet an Standorten statt, in denen Geflüchtete untergebracht sind. So werden
derzeit etwa im Rahmen des Integrationsfonds/bezirklichen Nachbarschaftsprogramms in zwei Bezirken (Mitte und Reinickendorf) an drei Standorten (Lehrter Str. 67, Oranienburger Str. 285, Bernauer Str. 138a) entsprechende Projekte umgesetzt. Eine Auflistung der Maßnahmen befindet sich in der Anlage.
Eine Vielzahl von Projekten für die genannte Zielgruppe wird nicht an den Standorten der Unterbringung, sondern in den Räumlichkeiten des jeweiligen Trägers durchgeführt. Dies dient auch der
Beförderung der Integration in den Sozialraum. Letzteres gilt auch für Beratungsangebote zur Wegweisung für Kunst- und Kulturschaffende mit Fluchterfahrungen in den Berliner Kunst- und  Kulturbetrieb. Die Projektverantwortlichen in den Maßnahmen der Kulturellen Bildung vermitteln bei Bedarf auf entsprechende existierende Beratungsangebote außerhalb von Standorten der Unterbringung. Weitere Hinweise bitte ich der Anlage zu entnehmen.

2. Im Koalitionsvertrag steht geschrieben: „Die Koalition unterstützt Projekte und strukturbildende
Maßnahmen, die die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten ermöglichen."
In welcher Form sollen konkret Projekte und strukturbildende Maßnahmen, die die Zusammenarbeit
von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten ermöglichen, unterstützt werden? Wie soll das Matching zwischen Kulturinstitutionen und Geflüchteten realisiert und unterstützt werden? Und wie soll diese Zusammenarbeit verstetigt werden?

Zu 2.: Es gehört zum Auftrag und damit zu den Regelaufgaben der von der Senatsverwaltung
für Kultur und Europa (SenKultEuropa) geförderten Kulturinstitutionen, breite Teilhabe an ihrem jeweiligen Angebot zu ermöglichen. Dies umfasst auch die adäquate Ansprache spezifischer Zielgruppen wie die der Geflüchteten. Etwaige Barrieren – v. a. in den Bereichen Publikum/Zugang, Programm und Personal –  sind dabei kontinuierlich zu reflektieren und sukzessive abzubauen.
Über die Regelförderung hinaus stellt die SenKultEuropa Mittel für spezifische Projekte bereit. Dazu gehören die Mittel des Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung (BPKB) und dort insbesondere die neue Fördersäule 1plus „Durchstarten“, die Mittel zur Förderung des Projekts Berlin Mondiale sowie die Mittel für  Diversity-Beratung durch das Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung Diversity.Arts.Culture.
Eine Übersicht über die im Kulturbereich initiierten Maßnahmen bietet der jährliche Bericht der für Integration zuständigen Senatsverwaltung zur Umsetzung des „Masterplan für Integration und Sicherheit“, einen Ausblick das am 17.12.2018 öffentlich präsentierte „Gesamtkonzept zur Integration und Partizipation von Geflüchteten“, an dessen ressortübergreifender Erarbeitung die SenKultEuropa im Rahmen ihrer Möglichkeiten intensiv mitgewirkt hat.
Die konstant hohe Anzahl von Projekten im Kulturbereich in allen Sparten und Genres zeigt, dass die
Arbeit mit Geflüchteten für eine Vielzahl von öffentlich geförderten Kultureinrichtungen als nicht nur temporäre Aufgabe erkannt und angenommen ist.

3. Welcher Bedeutung misst der Senat Netzwerk- und Mittler-Strukturen bei, die an der Schnittstelle
zwischen Kulturinstitutionen und Geflüchteten Kontakte und Zusammenarbeit ermöglichen?
 
Zu 3.: Mit der Bereitstellung entsprechender Fördermittel dokumentiert die SenKultEuropa die Bedeutung von Netzwerk- und Mittler-Strukturen und Experten, die Hilfestellungen bei der direkten Kommunikation zwischen Kulturinstitutionen und Geflüchteten unterstützen.

4. Aus welchem Mitteln werden Projekte und strukturbildende Maßnahmen, die die Zusammenarbeit
von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten ermöglichen, derzeit und weiterhin finanziert? Bitte nach
Bund, Land und eventuell Europa auflisten.
In welcher Höhe sollen dafür Gelder im Berliner Haushalt 2020/2021 verankert werden?

Zu 4.: Wie in der Antwort zu Frage 2 dargestellt findet eine Vielzahl von Vorhaben im Rahmen der Regelaufgaben der Kultureinrichtungen statt. Auch vor diesem Hintergrund ist eine separierte Darstellung der entsprechenden Aufwendungen nicht möglich. Spezifisch zu nennen sind hier v.a. die drei bereits genannten, spezifisch im Kontext Strukturbildung entwickelten und zunächst im Rahmen des Masterplan Integration und Sicherheit finanzierten Vorhaben: siehe Tabelle in pdf. Über die Fortschreibung der Projekte ist in dem Rahmen der laufenden Aufstellung sowie Beratung und Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2020/21 zu entscheiden.

5. Wie viele Anträge wurden im Jahr 2018 im Rahmen des Fellowship-Programms „Weltoffenes Berlin“
gestellt? Wie viele der gestellten Anträge wurden bewilligt? Wie viele Fellowships werden für das Jahr 2019 vergeben?
 
Zu 5.: Für die Fellowships 2019 gingen im Jahr 2018 insgesamt 23 Bewerbungen ein. Davon konnten zehn Anträge für ebenso viele Fellowships bewilligt werden.

6. Wie kommen die Kontakte zwischen den antragstellenden „Kulturakteurinnen und Kulturakteure, die
in Berlin ansässig und professionell im Bereich Kunst, Medien und Kultur tätig sind“ und den
„professionellen Künstlerinnen und Künstlern, Medien- und Kulturschaffenden, die ihre bisherigen
Aufenthaltsländer verlassen haben oder wollen“ zustande?  Wird über das Programm „Weltoffenes Berlin“ die Aufnahme und Vermittlung von Kontakten unterstützt? Wenn ja, in welcher Form erfolgt diese Unterstützung? Findet hier eine Zusammenarbeit mit Organisationen statt, die solche Kontakte vermitteln? Wenn ja, bitte auflisten.
 
Zu 6.: Die Kontakte kommen auf eigene Initiative der Bewerbenden zustande. SenKultEuropa
beauftragt keine Dritten mit der Vermittlung. Es handelt sich um professionelle künstlerische  Kooperationen, die aus vorherigen Kontakten in der Szene und über gemeinsame künstlerische Ziele entstehen.

7. Ist eine Dokumentation des Fellowship-Programms „Weltoffenes Berlin“ geplant? Wenn ja, in welcher
Form soll diese Dokumentation erfolgen?

Zu 7.: Die Dokumentation erfolgt im Rahmen der zuwendungsrechtlich gebotenen Vorgaben einer
Projektförderung gemäß Landeshaushaltsordnung (LHO). Das Förderprogramm wird zudem jahrgangsweise evaluiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer füllen nach Abschluss des Förderzeitraums Evaluationsbögen aus.  Des Weiteren erfolgt eine Evaluation durch prozessbegleitende Workshops für die Teilnehmenden in Kooperation mit der Universität der Künste (UdK). Die im Rahmen des Förderzeitraums umgesetzten Projekte der Fellows in Kooperation mit den Kulturakteurinnen und Kulturakteuren sind ebenfalls eine Form der Dokumentation.

8. Bis wann ist eine Finanzierung des Fellowship-Programms „Weltoffenes Berlin“ gewährleistet? Ist
geplant, das Pro-gramm darüber hinaus weiterhin aufzulegen?
 
Zu 8.: Die Finanzierung des Programms für die Jahre 2018 und 2019 erfolgt aus Mitteln des Einzelplan 08. Über die Fortschreibung des Programms ist in dem Rahmen der Aufstellung, Beratung und Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2020/21 zu entscheiden.

9. Das am Maxim Gorki Theater angesiedelte „Exil Ensemble“, bietet seit 2016 eine Plattform für professionelle Künstler*innen, die im Exil leben. Die Förderung läuft Ende 2018 aus. Wird das „Exil Ensemble“ darüber hinaus fortgeführt werden? In welcher Form und an welchem Ort soll es fortgeführt
werden?
 
Zu 9.:  Aus dem derzeitigen „Exil-Ensemble“ werden vier Künstlerinnen und Künstler ins feste Ensemble des Maxim Gorki Theaters übernommen, ein Künstler wird freiberuflich als Autor und Regisseur arbeiten. Das Maxim Gorki Theater hat angekündigt, das „Exil-Ensemble“ in neuer Besetzung fortführen zu wollen.

10. Im Jahr 2018 wurde das neue Förderformat „Durchstarten“ aufgelegt, das sich an  Projektemacher*innen mit bislang unterrepräsentierten Perspektiven, die im jetzigen Antragsverfahren Barrieren ausgesetzt sind und dadurch kein Geld für ihre Projekte beantragen können“ richtet. Wie viele Projektanträge wurden insgesamt im Programm „Durchstarten“ gestellt? Wie viele der gestellten
Projektanträge wurden von Menschen mit Fluchterfahrung gestellt?
 
11. Wie viele der gestellten Projektanträge wurden bewilligt? Wie viele der bewilligten Projektanträge
sind von Menschen mit  Fluchterfahrung gestellt worden? Ist es vorgekommen, dass Projektanträge
formal aufgrund des aufenthalts-rechtlichen Status der Antragsteller*innen nicht bewilligt werden konnten? Wenn ja, wie viele?

Zu 10. und 11.: Im Fördermodul 1plus: Durchstarten des BPKB wurden 2018 insgesamt 43 vollständige
Anträge gestellt. 20 Anträge wurden bewilligt, von diesen Anträgen waren elf von Menschen mit Fluchterfahrung gestellt worden.  Es ist bisher nicht vorgekommen, dass Projektanträge formal aufgrund des aufenthaltsrechtlichen Status der Antragstellerinnen und Antragssteller nicht bewilligt werden konnten.


Berlin, den 27.12.2018

In Vertretung
Dr. Torsten Wöhlert

Senatsverwaltung für Kultur und Europa

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