Kleine Anfrage und Kommentar: Strategie für, mit oder gegen Roma?

Kommentar zur Kleinen Anfrage: Die Schwachstellen gezielt umschifft

Auf die Fragen nach der Beteiligung der Nichtregierungsorganisationen, insbesondere der Roma-Selbstorganisationen, wird an keiner Stelle konkret geantwortet, der Boykott durch das Roma-Bündnis natürlich nicht erwähnt.

Die Offenlegung der Teilnehmer_innen an den einzelnen Terminen hätte gezeigt, dass z.B. Roma-Jugendorganisationen zu den Treffen zum Thema Jugendliche Roma nicht eingeladen war, dass auch Stadträte den Treffen ferngeblieben sind, weil sie die Bezirksbelange nicht einbringen konnten etc.

Die Treffen waren „offen“ (Antwort auf Pkt. 4., 5., 6.), aber ob und wie eingeladen wurde, ob und wie die Termine bekannt gemacht wurden, bleibt unklar. Über die Tätigkeit der „Anlaufstelle“ wird schlicht die Antwort verweigert. Ich bin gespannt, ob wir im Rahmen der Haushaltsverhandlungen die Informationen über die vom Senat eingesetzten Träger bekommen, die wir zur Beurteilung ihrer Tätigkeit benötigen.

 

Das Druckdokument zur Kleinen Anfrage: Strategie für, mit oder gegen Roma? (ka17 / 11 559) finden Sie hier.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Welche allgemeinen Ziele verfolgt der Berliner Senat mit der Erstellung der so genannten Roma-Strategie?

Zu 1.: Der Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma, den die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen erstellt hat und mit dem sich der Senat am 16. April 2013 in Erster Lesung befasst hat, steht für das Leitbild des Berliner Senats, pragmatisch die Einbindung der Roma voran-zubringen. Der Aktionsplan verfolgt das Ziel, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Wohnen die Integration voranzubringen und bis zum Ende der Legislaturperiode die Regeldienste für Roma zu öffnen.

2. Welche Zielgruppen hat sie und welche Problemlagen wurden als Ausgangssituation festgestellt?

Zu 2.: Der Aktionsplan richtet sich an Zugewanderte aus Rumänien, Bulgarien, Polen und dem ehemaligen Jugoslawien, die einen Roma-Hintergrund haben. Problemlagen wurden in den Bereichen „Bildung, Jugend, Ausbildungschancen“, „Gesundheitliche Versorgung und Soziales“, „Wohnen und Konflikte im Stadtraum“ sowie bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung festgestellt.

3. Wie war die Erarbeitung des so genannten Strategiepapiers organisiert: Bitte Termine mit Tagesordnung sowie den jeweils Beteiligten aus der Senatsverwaltung sowie den Bezirksämtern, Wohlfahrtsverbänden, Verei-nen und Trägern angeben.

Zu 3.: Der Aktionsplan ist das Ergebnis eines Abstimmungsprozesses zwischen der federführenden Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Se-nArbIntFrau), den Bezirken und den Senatsverwaltungen unter Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen und Romaorganisationen einschließlich ihrer Stellungnahmen und Vorschläge.  Im September 2012 wurde eine verwaltungsinterne, ressortübergreifende und bezirksoffene Lenkungs-gruppe Roma gebildet, in der sich die verantwortlichen Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss), für Finanzen, für Gesundheit und Soziales (SenGesSoz), für Inneres und Sport (SenInnSport), für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm) sowie fakultativ die Senats-verwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung gemeinsam mit allen Bezirken auf ein Verfahren zur Erarbeitung des Aktionsplans verständigt haben.

Folgende Arbeitsgruppen und Unterarbeitsgruppen wurden eingerichtet, Problemlagen identifiziert und ana-lysiert sowie Vorschläge für Vorgehensweisen formuliert:

• SenBildJugWiss (Federführung): Arbeitsgruppe Bildung, Jugend und Ausbildungschancen

• SenGesSoz (Federführung): Arbeitsgruppe Gesundheit und Soziales

• SenStadtUm (Federführung): Unterarbeitsgruppe zur AG Gesundheit und Soziales: Wohnen und Konflikte im Stadtraum

• SenArbIntFrau (Federführung): Arbeitsgruppe Querschnittsfragen (inkl. Community Building, Bekämpfung des Antiziganismus, Gewaltpräven-tion, Arbeitsmarktzugang und Konsultationsprozess)

• SenInnSport (Federführung): Unterarbeitsgruppe zur AG Querschnittsfragen: Ordnungsfragen

Alle Arbeitsgruppen brachten Vorschläge für den Aktionsplan ein, aber auch die beteiligten Nichtregierungs-organisationen und Romaorganisationen brachten sich zusätzlich mit schriftlichen Vorschlägen in den Aktions-plan ein. Die Vorschläge wurden von den jeweils zuständigen Senatsverwaltungen fachlich geprüft und in die Haushaltsanmeldungen für den Doppelhaushalt 2014/2015 aufgenommen. Die Lenkungsgruppe hat in ihren Sitzungen am 10. Oktober 2012, am 21. November 2012, am 7. Dezember 2012 und am 22. Februar 2013 die wesentlichen Problemlagen und Bedarfe zusammengetragen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Lenkungsgruppe hat die Zusammen-arbeit zwischen den Senatsverwaltungen und den Bezirken zur Thematik ausländischer Roma auf eine vertrauensvolle Grundlage gestellt und eine enge fachliche Zusammenarbeit sichergestellt.

4. Wie wurde gewährleistet, dass die Zielgruppen durch Organisationen, Initiativen und/oder als Einzelpersonen in den Prozess der Erarbeitung einbezogen waren?

5. Wie und wo konnten Vereine, Träger, Wohlfahrtsverbände und Einzelakteure von der Erarbeitung erfahren und sich persönlich oder schriftlich einbringen?

6. Gab es eine Ausschreibung zur Einreichung von Projektvorschlägen? Wenn ja, wo? Wenn nein, warum nicht und auf welcher Grundlage wurden die vorliegenden Projektentwürfe eingereicht?

Zu 4., 5. und 6.: Alle unter 3. benannten Arbeitsgruppen waren für nichtstaatliche Organisationen inklusive Romaorganisationen und Quartiers-managements offen. Zusätzlich konnten nichtstaatliche Akteurinnen und Akteure und Nichtregierungsorganisationen Stellungnahmen und Vorschläge für Maßnahmen im Wege eines schriftlichen Konsultationsverfahrens bei allen für die Arbeitsgruppen federführend verantwortlichen Verwaltungen einreichen. Insgesamt waren 25 nichtstaatliche Organisationen in den Prozess eingebunden.

7. Wer entscheidet über die Zuschläge von Fördermitteln (Senatsverwaltungen, Migrationsbeirat, Bezirks-vertreter_innen)?

Zu 7.: Jede Senatsverwaltung ist für die Verausgabung ihrer Mittel und die Anmeldung von zusätzlichen Mitteln für Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von ausländischen Roma in Berlin eigenverantwortlich zuständig. Der Senat wird im Rahmen der internen Abstimmungen zum Doppelhaushalt 2014/15 prioritär entscheiden, welche Maßnahmen im Rahmen der beschlossenen Eckwerte finanziert werden können.

8. Wie war der Migrationsbeirat in den Prozess ein-bezogen?

Zu 8.: Der Landesbeirat für Integrations-und Migrationsfragen wurde in einer seiner Sitzungen im Dezember 2012 über den Prozess informiert und die beteiligten Akteure und Akteurinnen zur Beteiligung eingeladen.

9. Welche Haushaltsmittel stehen für die Umsetzung der Strategie zur Verfügung, aus welchen Titeln setzen sie sich zusammen?

Zu 9.: Die bisher eingesetzten Haushaltsmittel können der V o r l a g e - zur Kenntnisnahme -

des Senats von Berlin über: Berliner Strategie zur Einbeziehung von ausländischen Roma - Drucksache 17/0440 - entnommen werden, für die weitere Haushaltsplanung gilt 7.

10. Welche Stelle ist für die Umsetzung zuständig? Welche Senatsverwaltungen sind beteiligt? Wie ist die Beteiligung der Bezirksämter und des Beirates gewährleistet?

Zu 10.: Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen liegt in der Zuständigkeit der jeweiligen Senatsverwaltungen – siehe 7. Die Lenkungsgruppe zur Umsetzung einer Berliner Strategie zur Einbeziehung von ausländischen Roma soll auch in Zukunft tagen, so dass die Beteiligung der o.g. Senatsverwaltungen und auch der Bezirke gewährleistet ist, der Landesbeirat für Integrations-und Migrationsfragen wird gesondert informiert.

11. Wie werden die Vereine und Initiativen der Zielgruppen an der Umsetzung beteiligt?

12. Wie und wann werden die Maßnahmen evaluiert? Ist bei der Evaluierung die Beteiligung der Roma-Organi-sationen vorgesehen? Wenn ja, wie? Mit welchen Organisationen wird zusammengearbeitet?

Zu 11. und 12.: Da sich die über die Berliner Strategie zur Einbeziehung von ausländischen Roma hinausgehenden Maßnahmen noch in der Planung befinden, können zur Umsetzung noch keine Angaben gemacht werden.

13. In welchen Bezirken ist die 2012 eingerichtete Anlaufstelle tätig? Getrennt nach einzelnen Trägern, bezirks-spezifischem Programm und Ausstattung (Personal, Arbeitsstunden) der jeweiligen Angebote auflisten.

Zu 13.: Der seit September 2012 eingerichtete bezirksorientierte Projekteinsatz von muttersprachlichen Familienhelferinnen und Familienhelfern zur Betreuung von Roma-Familien kommt nach Abstimmung mit dem Rat der Bürgermeister vorrangig in den Bezirken Mitte, Neukölln und Reinickendorf zum Einsatz. Ein Anteil der Mittel ist jedoch zum Einsatz in den anderen neun Bezirken für Konfliktsituationen vorgehalten. Damit erhält die mobile Anlaufstelle für europäische Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter, die bereits seit Mai 2010 im Einsatz ist, Unterstützung. Eine einzelne Auflistung der Angebote beider Instrumente für jeden Bezirk würde den Rahmen einer Kleinen Anfrage überschreiten.

14. Welche Rolle bekommt die Anlaufstelle im Rahmen der „Strategie“?

Zu 14.: Beide Instrumente sollen in den folgenden Jahren fortgeführt werden. Sie schließen die bestehende Lücke zwischen Regeldiensten und der Zielgruppe. Das Angebot wird sehr gut angenommen.

15. Was tut der Senat um Partizipation von Sinti und Roma auf politischer und Verwaltungsebene umzusetzen?

Zu 15.: Der Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma soll eine Reihe von Maßnahmen vorsehen, um die Roma-Community zu stärken und Vorurteile ihr gegenüber abbauen zu helfen.

16. Hält der Senat die Begriffe „Lenkungsgruppe“ und „Aktionsplan Roma“ für diskriminierend und ausgrenzend?

Zu 16.: Nein - der Titel der Senatsvorlage lautet nicht „Aktionsplan Roma“, sondern „Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma“. Die Lenkungsgruppe heißt „Lenkungsgruppe zur Umsetzung einer Berliner Strategie zur Einbeziehung von ausländischen Roma“.

Berlin, den 30. April 2013

In Vertretung Barbara Loth

Senatsverwaltung für Arbeit,

Integration und Frauen

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Mai 2013)

 

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