Schriftliche Anfragen zur Räumung der Neuköllner Kiezkneipe Syndikat + Mündliche Nachfrage im Plenum

Am 7. August 2020 wurde mit unverhältnismäßig großem Polizeiaufgebot und unter breitem Protest von Anwohner*innen und Bürger*innen die Neuköllner Kiezkneipe Syndikat geräumt. In vier schriftlichen Anfragen wollte ich im Nachgang vom Senat wissen, worin die Strategie der Polizei bei der Räumung bestand, warum im Vorfeld bezüglich der angemeldeten Demonstrationen keine lösungsorientierte Kommunikation mit der Versammlungsbehörde möglich war und wie es sich mit dem privaten Sicherheitsdienst verhält, der in einer leerstehenden Wohnung über dem Syndikat einquartiert wurde. Die Anmietung einer Wohnung für einen Sicherheitsdienst ist Zweckentfremdung. Aus meiner letzten Anfrage vom 13. Dezember 2020 geht hervor, dass bis heute kein Nachnutzungskonzept vorliegt.

Lesen sie hier die Antworten auf meine Anfragen:


In der Plenarsitzung vom 01. Oktober 2020 fragten meine Kollegin Anja Kofbinger und ich noch einmal gezielt bei Innensenator Geisel nach. Lesen Sie folgend den Ausschnitt aus dem Plenarprotokoll 18/641, 1. Oktober 2020, Seite 7691f:

Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Vielen Dank! –Ich frage den Senat: Trifft es zu, dass nach der Räumung der Kiezkneipe „Syndikat“ in einer der darüber liegenden Wohnungen durch die Berliner Polizei ein Sicherheitsdienst zur Kontrolle des Hauses untergebracht wurde?

Präsident Ralf Wieland: Herr Senator Geisel!

Senator Andreas Geisel (Senatsverwaltung für Inneres und Sport): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kahlefeld! Dass die Berliner Polizei über Wohnungen in diesem Haus verfügt, kann schon deshalb nicht der Fall sein, weil das Haus nicht dem Land Berlin gehört.

Präsident Ralf Wieland: Frau Dr .Kahlefeld? Für die Nachfrage dann?

Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Ja, ich frage nach, ob die Wohnung für den Sicherheitsdienst angemietet worden ist und ob es eine Kooperation zwischen dem dort installierten Sicherheitsdienst und der Berliner Polizei gab.

Präsident Ralf Wieland: Bitte schön, Herr Senator Geisel!

Senator Andreas Geisel (Senatsverwaltung für Inneres und Sport): Frau Kahlefeld! Also ob die Wohnung angemietet wurde, hatten Sie jetzt nicht gefragt, sondern, ob der Sicherheitsdienst dort untergebracht ist. Ob eine Anmietung erfolgte, kann ich Ihnen jetzt im Moment nicht sagen, aber sehr wohl geht es darum, dass bei Räumungen von Objekten natürlich gesichert sein muss, dass diese Räumung dann auch entsprechend nachhaltig ist. [Lachen von Danny Freymark und Heiko Melzer(CDU), Sebastian Czaja und Sibylle Meister(FDP) – Sibylle Meister (FDP): Sehr gut!] Es hat ja keinen Sinn, Räumungen durch die Polizei durchzuführen, in Amtshilfe für den jeweiligen Gerichtsvollzieher, und es dann kurze Zeit danach wieder zu einer Nachbesetzung kommt. Deshalb ist die Berliner Polizei bestrebt, mit den Eigentümern der jeweiligen Objekte im Vorfeld von Räumungen entsprechende Klärung herbei-zuführen, damit dann auch Nachhaltigkeit gesichert ist. Das bedeutet jetzt nicht, dass die Berliner Polizei Wohnungen anmietet, um darin Sicherheitsdienste unterzubringen. Aber bei jeder Form von Räumung muss der Eigentümer dann natürlich darstellen, dass er entweder entsprechende Nutzungs- oder Sicherungskonzepte der jeweiligen Häuser hat.

Präsident Ralf Wieland: Dann hat sich noch Frau Kofbinger gemeldet.

Anja Kofbinger (GRÜNE): Noch mal eine kleine Konkretisierung: Es ist nach Ihrer Aussage – so wie ich sie verstanden habe – kein Geld geflossen, zum Beispiel für die Miete, aber es gab sicherlich bei der Einquartierung des Sicherheitsdienstes eine Unterstützungsleistung der Berliner Polizei. Da würde ich gerne von Ihnen wissen: War das eine Vermittlung zwischen Hausbesitzer, Eigentümer und der Polizei? Und wer ist da eigentlich auf wen zugegangen? Ist die Polizei auf den Hauseigentümer zugegangen, oder hat sich der Hauseigentümer an die Polizei gewendet? [Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Präsident Ralf Wieland: Herr Senator!

Senator Andreas Geisel (Senatsverwaltung für Inneres und Sport): Frau Kofbinger! Das kann ich Ihnen jetzt im Detail nicht sagen. Dem müsste ich nachgehen. Dass vonseiten der Berliner Polizei Geld geflossen ist, um Wohnungen anzumieten oder Ähnliches, möchte ich hier fast ausschließen. Ich halte es jedenfalls für unwahrscheinlich. Ich wiederhole noch einmal: Wenn Räumungsaktionen der Berliner Polizei durchgeführt werden, weil Amtshilfe für Gerichtsvollzieher geleistet wird –was im Rechtsstaat völlig normal ist –, ist es erforderlich, dass der jeweilige Hauseigentümer vorher der Berliner Polizei darstellt, wie ein nachhaltiges Nutzungskonzept für diese Immobilie aussieht, und wie nachhaltig die Sicherung dieser Immobilie erfolgt. Es kann ja nicht sein, dass die Berliner Polizei eine Räumung durchführt, und danach der Hauseigentümer seine Verantwortung nicht übernimmt. Dass im Rahmen dieser Übernahme von Verantwortung entweder eine Nachnutzung des jeweiligen Objektes in Betracht kommt, was die Vorzugsvariante ist, oder eine entsprechende Sicherung, ist auch klar. Das muss dargestellt werden. Wie jetzt diese Gespräche im Rahmen der Räumung des Syndikats im Einzelnen abgelaufen sind, weiß ich nicht. Ich will dem gerne nachgehen, aber ich sage noch einmal: Das das ist keine Aufgabe der Berliner Polizei, sondern selbstverständlich Aufgabe des jeweiligen Eigentümers der Immobilie, sein Objekt entsprechend zu sichern.

 

Zum Weiterlesen finden Sie hier zwei Schriftliche Anfragen von Kolleg*innen zum gleichen Thema:

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