Zahlreiche Skandale, bei denen katastrophale Arbeitsbedingungen aufgedeckt wurden, haben dazu geführt, dass immer mehr Konsument*innen ihre Kaufentscheidungen intensiver überdenken. Das Konzept des Fairen Handels sorgt dafür, dass Bäuer*innen und Arbeiter*innen in sogenannten Entwicklungsländern eine angemessene Bezahlung für ihre Arbeit bekommen und ihre Arbeits- und Lebensbedingungen verbessert werden. Auch in Neukölln bieten viele Läden und gastronomische Betriebe fair gehandelte Produkte an. Fair Trade Bezirke unterstützen und fördern den Fairen Handel. Wäre dies für Neukölln ein guter erster Schritt, um sich für Fairness, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung im internationalen Handel einzusetzen und diese lokal zu praktizieren?
Über diese Fragen haben wir am 23.8.2016 mit Nadia Massi, Gründerin der Bioase44, Oke Anyanwu, Gründer des Fair Trade Zentrums Neukölln und Rainer Penk, Sprecher für Wirtschaft der BVV Tempelhof-Schöneberg diskutiert.
Bei der Kampagne „Fairtrade Towns“ können Kommunen sich um den Titel „Fair Trade Town“ bewerben. Dafür müssen eine gewisse Anzahl an Geschäften und Unternehmen vorhanden sein, die mit fair gehandelten Produkten arbeiten. Der Titel muss alle zwei Jahre verteidigt werden.
Tempelhof-Schöneberg macht es vor: die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat im November 2014 den Beschluss gefasst, sich um den Titel zu bewerben. Eine bezirkliche Steuerungsgruppe koordiniert alle Aktivitäten. Nach einer zweijährigen Bewerbungsphase wird dem Bezirk nun am 07.09.2016 offiziell die Urkunde überreicht, er darf sich dann offiziell „Fair Trade Town“ nennen. Auch Friedrichshain-Kreuzberg hat einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht.
Das Konzept der Fair Trade Towns ist jedoch noch verbesserungsfähig, denn Produkte aus der Regionalwirtschaft in Brandenburg fallen aus dem Raster heraus. Außerdem gibt es – auch in Neukölln - viele Unternehmen, die fair gehandelte Produkte vertreiben, es jedoch nicht leisten können, diese für viel Geld zertifizieren zu lassen.
Nun ist es am Land Berlin, auf das Thema aufzuspringen, denn die Fragen, was wir konsumieren und wie, können nicht nur an den Bezirken hängen bleiben. Auch faire Löhne und Arbeitsbedingungen sollten mitgedacht werden. Fair Trade muss ein Querschnittthema werden. Nicht nur beim privaten Einkaufen, sondern auch in der Verwaltung, im Arbeitsalltag oder in der Schule.