Meine Rede im Parlament zum CDU-Antrag gegen eine Migrantenquote im Öffentlichen Dienst

unglaublich schnoddrigeriger, vergrätzt formulierten Antrag der CDU, krude, verwirrt, braucht kein Mensch...

 

Meine Rede im Bild

 

Und hier im Wortlaut der 1. Teil meiner Rede, nachzulesen auch im Plenarprotokoll der 71. Sitzung, unter den Punkten 8459, 8461 und 8471.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die CDU hat uns einen unglaublich schnoddrigen, vergrätzt formulierten Antrag vorgelegt,

[Oliver Friederici (CDU): Aber Hallo!]

krude, verwirrt, braucht kein Mensch, und die Rede war noch schlechter. Sie haben auch noch Spaß dabei, hier so eine unterirdische Diskussion zu führen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

In der Koalition ist es auch nicht ganz rund gelaufen. Erst arbeitet die SPD über Monate an dem Gesetz mit, lässt den Referentenentwurf passieren, und in der Mitzeichnung geht der Senator plötzlich zur Presse und erzählt etwas von einer 37-Prozent-Quote für Menschen mit Migrationshintergrund, die er nicht will.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Da hat er doch recht! Mann, Mann! – Unruhe]

Das ist ärgerlich. Das Gute daran ist aber – und da sind wir uns dann wieder einig in der Koalition –: Die Presse berichtet erstmals breit über die Unterrepräsentanz von Menschen mit Migrationsgeschichte in der Berliner Verwaltung.

[Unruhe]

Und wir haben noch nie so ausführlich, emotional und engagiert über diversitätsorientierte Organisationsentwicklung diskutiert wie derzeit.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt: Einen Moment, Frau Abgeordnete! – Ich bitte Sie, die Lautstärke runterzuschrauben, damit man die Rednerin verstehen kann. Wenn Sie es nicht interessiert, gehen Sie raus.

[Beifall bei der SPD]

Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Ich mache das wie in der Schule, ich rede einfach immer weiter.

[Georg Pazderski (AfD): Darum sind unsere Schüler so „gut“! – Paul Fresdorf (FDP): Ja!]

In den sozialen Medien streiten die Koalitionsparteien, dies ist ein edler Wettstreit, darüber, wer auch als Partei am besten aufgestellt sei in Sachen innerer Diversität. Damit wirkt das Gesetz auch jetzt schon positiv im Sinn der Sache. Zur Quote: Die Forderung nach einer harten Quote für Menschen mit Migrationshintergrund kam zu Beginn des Novellierungsprozesses aus der Zivilgesellschaft. Citizens for Europe hatte 2018 festgestellt, dass nur 3 Prozent der Befragten in den Führungsetagen der Berliner Verwaltung People of Color oder schwarze Menschen sind. Der Türkische Bund, der Migrationsrat Berlin-Brandenburg mit 50 Mitgliedsorganisationen, DeutschPlus, sie alle sind bei dieser Forderung dabei. Wer die Forderung dieser Organisationen nach einer harten Quote zurückweist,

[Zuruf von der AfD: Ist ein Rassist!]

möge sich bitte die Mühe machen, direkt in die Auseinandersetzung zu gehen. Wir haben das in den vielen, vielen Arbeitsstunden zur Neufassung getan

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

und haben schließlich eine rechtssichere Lösung für eine veränderte Einstellungspraxis gefunden. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich das Gesetz vorliegen habe, während Sie es nur aus der Zeitung kennen und über ein Phantom diskutieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Oh! von der AfD – Zuruf von Oliver Friederici (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU und der AfD]

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt: Frau Abgeordnete! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rissmann?

Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Nein! Ich will keine Zwischenfragen. –

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das Gesetz ist nicht rechts-, das ist linkssicher!]

Ich finde, dass es schon genug Platz gab für krause Thesen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das Gesetz ist linkssicher!]

– Sie haben das Gesetz alle nicht vorliegen. Worüber reden Sie eigentlich?

[Sven Kohlmeier (SPD): Nein, haben wir nicht! – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Es geht um die von Personalern so genannte Kompetenzvermutung. Diese fehlt, wenn in der Verwaltung eine Bewerbung mit arabischklingendem Namen auf den Tisch kommt, und das ist das, was sich ändern muss. Das ist eine Gerechtigkeitsfrage. Wer gut ist, muss die Chance auf Einstellung bekommen.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Das wäre wahre Bestenauslese. Die haben wir im Moment nicht.

[Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Henner Schmidt (FDP) – Weitere Zurufe von der AfD]

Eine 2012 beim Institut zur Zukunft der Arbeit – – Jetzt seien Sie doch einmal leise, das ist ja furchtbar.

[Georg Pazderski (AfD): Dafür kriegen Sie doch Geld! – Weitere Zurufe von der AfD]

Wollen Sie diskutieren oder wollen Sie hier nur rumpöbeln?

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Unruhe]

– Ich bekomme mein Geld nicht dafür, dass ich mich von Ihnen anpöbeln lasse!

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt: Einen Moment, Frau Abgeordnete! – Meine Herren! Das ist kein gebührlicher Umgang hier im Parlament miteinander!

[Georg Pazderski (AfD): Ha, ha, ha!]

Frau Abgeordnete! Sie können jetzt sprechen – bitte!

Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Es ist schon albern genug, da in diese Richtung gucken zu müssen, wo Sie alle sitzen wie die Pinguine und gleich aussehen und keine Frau dazwischen ist!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Und dann benehmen Sie sich auch noch so!

[Paul Fresdorf (FDP): Aber „Pinguin“ ist nicht parlamentarisch! – Holger Krestel (FDP): Unverschämtheit! – Zuruf von der AfD: Ich bin kein Pinguin! – Weitere Zurufe von der CDU, der AfD und der FDP – Unruhe]

Zurück zur Sache: Eine 2012 beim Institut zur Zukunft der Arbeit erschienene Studie belegt, dass allein die Angabe eines türkischen Namens ausreicht, um die Chance auf ein Vorstellungsgespräch um 17 Prozent zu senken. 2010 hatte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein großes Modellprojekt mit der Telekom, L’Oréal, dem Bundesfamilienministerium, der Deutschen Post, um für die Einstellung von mehr Menschen mit Migrationshintergrund zu sorgen und Wege zu suchen, wie das möglich ist, und zwar deswegen, weil sie zum einen gemeinsam gegen Diskriminierung arbeiten wollten und zum anderen, weil sie schlichtweg gutes Personal brauchen. Und in dieser Situation sind wir hier in Berlin auch. Was unsere gute, alte, preußische Verwaltung dafür braucht, um Diskriminierung abzubauen und gutes Personal zu bekommen, sind die Dinge, die im Gesetz wirklich stehen: Zielvereinbarungen, Berichtspflichten, regelmäßige Datenerhebungen und es ist möglich, dass jede Abteilung diese Zielvereinbarungen selbst ausfüllt, so, wie es angemessen ist. Jetzt sehen wir mal, was in dem Gesetz wirklich drin steht – es liegt mir, wie gesagt, vor.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Dr. Jasper-Winter?

Dr. Susanna Kahlefeld (GRÜNE): Nein!

[Paul Fresdorf (FDP): Nun will mal eine Frau! – Gunnar Lindemann (AfD): Frauenfeindlich! – Weitere Zurufe von der AfD und der FDP]

In § 7 Abs. 1 steht: Der Senat soll sicherstellen, dass Menschen mit Migrationshintergrund ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprechend auch beim Land eingestellt werden. Das kann man Quote nennen, muss man aber nicht.

[Marc Vallendar (AfD): Brauchen wir jetzt wieder einen Ahnennachweis? – Weitere Zurufe von der AfD]

Wie man das nennt, darüber werden wir uns einigen. Wie soll der Senat das tun? – § 7 Abs. 2 regelt: Er soll aktiv darauf hinwirken, und das kann jede Abteilung so tun, wie sie das für sinnvoll hält. Und damit sind wir dann wieder bei Celle, bei L‘Oréal und bei der Post. Was die können, sollten wir hier in Berlin auch hinbekommen. Oder man guckt, was die Berliner Polizei gemacht hat, die steht nämlich auch – das wurde schon gesagt – relativ gut da.

[Gunnar Lindemann (AfD): Haben doch gerade zwei Polizisten einen Juwelier überfallen! Mit Migrantenhintergrund!]

Und wir schaffen jetzt in Berlin eine rechtliche Grundlage dafür, dass wir sowohl Diskriminierung abbauen als auch den öffentlichen Dienst vielfältiger machen und dass es zu einer wirklichen Bestenauslese kommt. Frau Jasper-Winter! Ich entschuldige mich, dass ich mit Ihnen jetzt hier nicht ins Gespräch komme. Ich glaube, das können wir im Ausschuss machen. Es ist hier einfach zu laut. Das hat überhaupt keinen Sinn.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Georg Pazderski (AfD): So was Mimosenhaftes!]

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