Rede bezüglich des Berufsanerkennungsgesetzes

Rede im Berliner Abgeordnetenhaus, 21. März 2013 (Videomitschnitt des rbb)

Susanna Kahlefeld bezeichnet das Berufsanerkennungsgesetz als Meilenstein und wundert sich darüber, wie wenig in Berlin geschehen sei, um es umzusetzen. In anderen Bundesländern gebe es längst entsprechende Landesgesetze. Außerdem müsste bei Teilanerkennungen eine Nachqualifikation ermöglicht werden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Es freut mich ja, dass Sie das Berufsanerkennungsgesetz für einen Meilenstein halten. Das ist es tatsächlich. Umso mehr wundert es mich, dass in Berlin bisher so wenig passiert ist, um es umzusetzen. Berlin steht mal wieder mehr als schlecht da. Die Landesgesetze zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation wurden nämlich bereits am 1. August in Hamburg, am 30. November im Saarland, am 19. Dezember in Niedersachsen, am 21. Dezember in Hessen und am 29. Dezember 2012 in Mecklenburg-Vorpommern erlassen. Hier ist bisher nichts passiert. Dabei wäre es diesmal gar nicht schwer gewesen, vorne mit dabei zu sein. Es liegt nämlich ein Musterentwurf für
ein Anerkennungsgesetz der in den Ländern geregelten Berufe vor. An diesem haben sich die anderen Bundesländer orientiert und Spezifika für ihre Länder eingearbeitet. Ich frage mich, warum das in Berlin bisher nicht möglich gewesen ist. Immerhin haben Sie diesmal in Ihrer Rede darauf verzichtet, darauf hinzuweisen, dass Berlin schon so weit entwickelt ist, dass es so schwierig ist, hier Neuerungen umzusetzen.
Das Berlin-Institut hat auf Basis des Mikrozensus von 2005 ermittelt, mit welchen Abschlüssen und Qualifikationen Menschen nach Berlin kommen. Wir haben viele Fachkräfte, die hierher kommen. Bei den Personen aus dem Nahen Osten liegt die Akademikerquote bei 48 Prozent, bei Personen aus afrikanischen Ländern bei 31 Prozent und bei Aussiedlern und Aussiedlerinnen immerhin noch bei 16 Prozent. Akademiker heißt hier, es liegt ein abgeschlossenes Studium vor. Andere Fachqualifikationen sind noch nicht mal eingerechnet. Zum Vergleich: Bei den Einheimischen liegt der Prozentsatz der Akademiker gerade mal bei 19 Prozent, aber die brauchen sich zum Glück auch nichts anerkennen zu lassen.
Die drei genannten Gruppen sind zugleich die, die es besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt haben. Es liegt also auf der Hand, dass Berlin ein eminentes Interesse daran hat, diesen qualifizierten Menschen endlich den Weg in eine angemessene Stelle zu ermöglichen. Studierte Taxifahrer und Lebensmittelverkäuferinnen haben wir genug in der Stadt, da sind wir uns einig, das haben Sie auch genannt. In der Praxis ist es jedoch so – und das zeigen die anderen Bundesländer, die schon weiter sind –, dass es häufig
zu Teilanerkennungen kommt. Im Antrag fehlt aber die Entwicklung von Nachqualifikationen, die dann nötig werden. Mit einer Dreiviertelkrankenschwesterausbildung kann man noch nicht als Krankenschwester arbeiten, aber man muss auch mit der Ausbildung nicht von
vorne anfangen. Wir fordern daher die vom Bundesgesetz vorgeschriebenen Möglichkeiten der modularen Nachqualifikation in Berlin zu schaffen. Hamburg hat aus diesem Grund festgeschrieben, dass den Antragstellern und Antragstellerinnen im Fall einer Ablehnung der Gleichwertigkeit die Unterschiede zur landesrechtlich geregelten Berufsbildung genau darzulegen sind. Die Menschen erhalten damit die Möglichkeit eines relativ schnellen Ausgleichs und die Chance auf volle Anerkennung. In NRW ist die Anerkennungsberatung gleich mit einem Netzwerk zur Weiterbildung verbunden, was die Arbeit der IQ-Netzwerke erleichtert und die Prozesse beschleunigt. Wir fordern die Umsetzung des Bundesgesetzes auch für die nicht reglementierten Berufe, so wie sie im Mustergesetz vorgesehen sind, weil das zu Transparenz führt und dazu, dass die Menschen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir fordern ein transparente Gebührenordnung und die Einbindung der Jobcenter bei der Übernahme von Kosten für Anerkennung und Nachqualifikation. Es wäre wünschenswert, wenn in Berlin endlich das umgesetzt würde, was hier schon in diesem hübschen Flyer steht. Noch hat der Senat damit nicht mal angefangen.

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