Rede zum Antrag der SPD und CDU, Sprach- und Integrationskurse für Imame und islamische Religionslehrer anzubieten

Hier finden Sie den Antrag von SPD und CDU, auf den ich in dieser Rede Bezug nehme.

Rede im Abgeordnetenhaus, 52. Sitzung, 18.9.2014 (Videomitschnitt des Rbb)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Zu dem zuletzt Gesagten, dass Sie Ihren Antrag in einen Zusammenhang mit den antisemitischen Äußerungen und den Hetzpredigten stellen, möchte ich vorweg sagen:  Pierre Vogel ist Konvertit. Viele von denen, die mit ISIS kämpfen, sind ebenfalls entweder Konvertiten oder Menschen mit türkischem Migrationshintergrund, die hier aufgewachsen sind. Wir exportieren den Terror im Moment, wir importieren ihn nicht!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Im Ausschuss haben wir gemeinsam beschlossen, dass Imame, die nach Berlin kommen, um die hiesigen Gemeinden zu betreuen, einen Deutschkurs angeboten bekommen. Das ist sinnvoll, weil die Imame, Sie haben das beschrieben, Kontakte selbstverständlich nicht nur innerhalb der Gemeinden haben sollen, sondern auch darüber hinaus, und weil sie im Idealfall eine Brückenfunktion übernehmen könnten. In dem Antrag ist allerdings nicht geklärt, was mit diesem Angebot eigentlich gemeint ist. Ich habe das schon in meiner ersten Rede hier gesagt: Ist damit gemeint, dass auch die Kosten übernommen werden? Ist Ihnen die Sache so wichtig, dass sie Sie auch etwas kosten darf? Ich will das nicht noch einmal wiederholen, aber nach meinen Berechnungen würde man für die Sprach- und Orientierungskurse auf eine maximale Gesamtsumme von 9000 bis 10000Euro pro Jahr kommen. Dazu haben Sie erneut nichts gesagt. Was für ein Angebot soll das sein? Ich habe nach wie vor das Gefühl, vor allem durch den Zusammenhang, den Sie zu den Ereignissen im Sommer hergestellt haben, dass es sich um einen Stänkerantrag handelt und eben nicht darum, den Imamen wirklich eine Brückenfunktion zu ermöglichen.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Der Antrag soll einfach nur auf die Defizite der aus dem Ausland kommenden Imame hinweisen, was ihre sprachliche und politische Bildung angeht, statt sie wirklich einzubeziehen. Da kann ich nur zu Vorsicht raten, denn wenn man mit einem Finger auf andere zeigt, zeigen immer drei auf einen selbst zurück. Drei Dinge will ich auch nennen – erstens: Warum müssen Imame überhaupt aus dem Ausland nach Deutschland kommen, um hier für die Gemeinden zu sorgen? –Weil Muslimas und Muslime kaum die Möglichkeit haben, eine theologische und pastorale Ausbildung an deutschen Hochschulen zu machen. In Berlin gibt es diese Möglichkeit gar nicht.
[Zuruf von Lars Oberg(SPD)]

Das erinnert mich daran, dass wir am 22. Mai letzten Jahres im Wissenschaftsausschuss beschlossen haben zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Lehrstuhl für islamische Theologie in Berlin einzurichten wäre. Ich wüsste gerne mal, was da mittlerweile passiert ist.

Zweitens: Was passiert eigentlich im Berliner Islam-Forum? Das wäre doch der Ort, über diese Dinge zu reden, die Sie hier angesprochen haben. Haben Sie Ihren Antrag da mal mit den Muslimen besprochen, die Fachleute für ihre eigene Situation sind? Hätte man dort nicht gemeinsam mit den Gemeindevertretern ein Gesamtpaket entwickeln können, um die Probleme ehrlich und wirklich wirksam anzugehen, die wir in der Stadt dadurch haben, dass Imame von auswärts kommen müssen, weil es gar nicht anders geht? Das neue Protokoll des Islamforums ist vom 5. Juni 2013. Es gab 2013 immerhin zwei Treffen, sonst gibt es immer nur eins im Jahr. Wie sieht es 2014 aus? –Ganz, ganz mau!
[Beifall bei den GRÜNEN –Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Drittens: Das Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen berichtete in der zuletzt genannten Sitzung im vergangen Jahr von einer Zunahme von Hassbriefen und anderen Delikten gegen muslimische Einrichtungen. Auch hierzu wüsste ich gerne mal, was passiert ist. Warum hat es zwei Wochen gedauert, bis sich der zuständige Innensenator Henkel nach dem Brandanschlag in der Mevlana-Moschee hat blicken lassen? Ich habe stark den Eindruck, dass, wenn es um Religion in der Stadt geht, und speziell, wenn sich Ihre Partei dazu äußert, konsequent mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich hoffe, dass ich Sie morgen bei der Kundgebung sehen kann, die der Koordinierungsrat der Muslime vor der Mevlana-Moschee unter dem Motto organisiert hat: Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht –auf dass wir als Grüne dort nicht wieder alleine stehen wie am Tag nach dem Anschlag!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN –Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

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