Rede zum Gesetz über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Rede im Abgeordnetenhaus, 07.11.2013 (Videomitschnitt des rbb)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorgelegte Gesetz zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse erfüllt gerademal die Minimalanforderungen. Wesentliches fehlt, um mit diesem Gesetz tatsächlich qualifizierte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen.Zu wenig, zu spätintegrationspoltisch geht mit diesem Senat gar nichts.

Wer sich das Gesetz ansieht, wird feststellen, dass es für fast alle aufgezählten Berufsqualifikationen ausgeschlossen ist. Das soll heißen, es gelten die bisherigen Regelungen zur Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse weiter. Eine Neuregelung durch das BQFG Bund erfolgt nicht außer in einem einzigen Punkt: Die bisherigen Berliner Anerkennungsverfahren werden für Drittstaatler geöffnet.

Ein Beispiel aus einer Berufsgruppe, an der es in dieser Stadt besonders mangelt: Eine Mathematiklehrerin aus der Ukraine z.B. kann nun als Drittstaatlerin nach dem EG-Richtlinien-Umsetzungsgesetz für Lehrkräfte in Ber-lin anerkannt werden. Dieses EG-Richtlinien-Umsetzungsgesetz gibt es nämlich schon. Sie hat außerdem nach dem neuen Gesetz einen Anspruch darauf, in ihrem Anerkennungsverfahren beraten zu werden, und sie wird in der Statistik aufgeführt, die ebenfalls gesetzlich verankert werden soll. Wenn sich diese Mathematiklehrerin ihren Lebensunterhalt bisher als Kassiererin verdient, musssie nicht nur die horrenden Übersetzungskosten für ihre Zertifikate, sondern auch die Gebühren für das Anerkennungsverfahren selber zahlen. Für die Zeit, in der sie an Nachqualifikation für den Lehrberuf an einer Berliner

Schule teilnimmt, wird sie auch ihre Arbeit aufgeben müssen. Anders als in Hamburg bekommt sie für den Übergang keinerlei Unterstützung. Und was erwartet sie nach erfolgreicher Anerkennung und Nachqualifikation? Sie kann nicht als reguläre Lehrerin arbeiten, sondern findet allenfalls eine temporäre Beschäftigung, finanziert aus PKB-Mitteln. Mit PKB-Mitteln können Schulen Leute einstellen, die sie benötigen: Sozialarbeiter, Künstler, Handwerker für Schülerprojekte usw. Eine Anstellung als Lehrerin ist das nicht. Da hatten wir sehr viel mehr erwartet, und mit uns nicht nur die im Ausland qualifizierten Lehrerinnen und Lehrer, sondern vor allem auch die Schulen.

Von der Ankündigung, die die Kollegin Becker am 21. März hier in der Aktuellen Stunde der Koalition - immerhin! –zum Thema Anerkennungsgesetz vorgebracht hat, ist wenig geblieben. Wir lassen es nicht zu, – hatte sie damals gesagt –dass die dringend benötigte Erzieherin ungewollt als Crêpes - Verkäuferin ... aushilft oder sich der ausgebildete Ingenieur als Küchenhelfer ... verdingen muss Frau Kolat hat im Ausschuss erklärt, dass die meisten Anerkennungsverfahren bisher von Menschen angestrengt werden, die im SGB-II-oder SGB-III-Bezug sind. Die Gruppe, die immer in der öffentlichen Diskussion genannt wurde, die Ingenieure am Spültisch im Restaurant, wird in Berlin bisher also kaum erreicht. Daran wird das vorgelegte Gesetz auch nichts ändern. Es gibt kein Konzept für die Übergangsfinanzierung, um aus der Crêpes-Verkäuferin auf dem Weihnachtsmarkt wirklich eine Steuerzahlerin zu machen. Auch da hatten wir mehr erwartet.Hamburg lässt sich diese Übergangsfinanzierung ca. 250000Euro im Jahr kosten –gut angelegtes Geld. Das wäre wirklich mal eine Förderung, die in den ersten Arbeitsmarkt führt, denn dieses Ziel, Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, teilen wir natürlich mit der Senatorin, die für Arbeit zuständig ist. Im Ausschuss werden wir die weiteren Mängel des Berliner BQFG zu besprechen haben: Was ist mit den Gebühren, vor allem für die, die ihren Lebensunterhalt bisher schon alleine, aber unter ihrer Qualifikation bestreiten? Was ist mit Anschlussqualifikationen? Warum ist das alles so unübersichtlich durch Ausnahmen und Ergänzungen geregelt, statt ein BQFG Berlin aus einem Gussvorzulegen?Wir hoffen, dass im Ausschuss noch das eine oder andere zu retten ist.

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