Das Abgeordnetenhaus diskutiert über den Antrag der Fraktion die Linke "Leitlinien umsetzen, Beteiligungskonzepte erstellen, Bürgerbeteiligung stärken!". Die Antragsteller fordern den Senat auf, die Leitlinien für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Projekten und Prozessen der Stadtentwicklung konsequent umzusetzen. Derzeit würden sie auf Senatsebene nicht angewandt und die Mittel für die entsprechenden bezirklichen Anlaufstellen gekürzt. Großenteils informiere der Senat nur noch über Vorhaben, ohne die Stadtgesellschaft einzubeziehen. Der Antrag wird in den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen überwiesen.
Sehen Sie hier meine Rede im Video-Mitschnitt des rbb.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sozialdemokraten lehnen, und das ist ein bundesweites Phänomen, Beteiligung ziemlich konsequent ab. Das ist insofern logisch, als Sie sich für die Kümmerer halten, also Leute, die, einmal gewählt, besser wissen, was für die Bürgerinnen und Bürger gut ist, als diese selbst.
[Torsten Schneider (SPD): Also als Grüne würde ich das nicht sagen!]
Man kann an vielen Stellen in der Stadt allerdings infrage stellen, ob Sie das wirklich besser wissen und ob nicht geordnete Verfahren zur Einbeziehung der Bürgerinnen zu besseren Planungen führen würden.
[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD]
Muss das Kümmern ausgerechnet darin bestehen, einem Investor wie Benko den roten Teppich auszurollen? Und der BER ist auch durch die beteiligten Politiker zum Debakel geworden und nicht durch die Bürgerinnen. Das angebliche Kümmern wird zudem durch Manipulation und mit der Arroganz der Macht durchgesetzt, während anderswo Beteiligung Politik längst besser macht.
Jetzt habe ich es durchnummeriert, damit ich in der Zeit schnell durchkomme. Erstens: Berlin hat als eines der letzten Bundesländer überhaupt Leitlinien zur Bürgerinnenbeteiligung bekommen. Das hatte den Vorteil, dass für sie die beste Praxis der anderen vorbildhaft war.
Zweitens: Der Beirat, der die Umsetzung der Leitlinien zur Bürgerinnenbeteiligung begleiten sollte, ist von der zuständigen Bausenatorin der SPD über vier Jahre an der Arbeit gehindert worden. Die Evaluation, durchgeführt durch das Berlin Institut für Partizipation, das überall gerne gehört wird, nur nicht in Berlin, ist bis heute nicht veröffentlicht. Da wird noch frisiert.
Drittens: Die Leitlinien sind nie angewendet worden. Das hatten die Beiratsmitglieder immer wieder bemängelt, und dafür werden sie jetzt abgeschafft.
Viertens: Stattdessen hat der Senator plötzlich doch seine Liebe zur Beteiligung entdeckt und lässt geloste Bürgerinnen Ideen zur Bebauung des Tempelhofer Feldes entwickeln, die er dann in einer Kampagne für die Abschaffung des Volksgesetzes verwenden kann, aufgehübscht durch internationale Architekturbüros. Auch Kinder sollen Ideen für die Bebauung entwickeln. Der unschuldigen Idee, dass Oma ihr Häuschen auf dem Feld bekommen soll, kann, so hofft der Senator, niemand widerstehen.
Fünftens: Wenn das keinen Erfolg hat und die Umfragen immer noch nicht pro Bebauung ausfallen, werden Katzenbabys beteiligt.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Katalin Gennburg (LINKE): Jaa!]
Sechstens: Sollte es weitere Volksentscheide geben, wird man diese, wie „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, ignorieren oder die Bürgerinnen an einer Gegenkampagne beteiligen. Beteiligungspolitisch haben wir in Berlin, denke ich, noch einen weiten Weg vor uns.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]