Rede bezüglich Sprach- und Integrationskurse für Imame und Islamische Religionslehrer

Rede im Abgeordnetenhaus, 26.09.2013 (Videomitschnitt des Rbb)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Gegen Deutschkurse kann man eigentlich nichts haben, aber mit diesem Antrag ist einfach gar nichts anzufangen, und er war auch nur Gelegenheit, um hier mal wieder ordentlich zu stänkern und vom Leder zu ziehen.

In Berlin können jetzt schon alle Menschen – auch, wenn sie keinen Berechtigungsschein dafür haben – an Integra-tionskursen teilnehmen, sofern Plätze frei sind und sie in der Lage sind, das selbst zu bezahlen. Auch an Orientie-rungskursen kann man unter den genannten Voraussetzungen teilnehmen. Ich nehme an, dass mit der blumigen Formulierung „Integrationskurse unter Einschluss von politischer Bildung“ die Orientierungskurse gemeint sind. Einen Berechtigungsschein werden die Imame unter den bisherigen Bedingungen nicht bekommen. Den erteilt nämlich das BAMF, die Jobcenter oder die Ausländerbehörde, und zwar an neu Zugewanderte mit auf Dauer angelegtem Aufenthalt zu Erwerbszwecken, zum Zweck des Familiennachzuges, aus humanitären Gründen oder wenn eine Niederlassungserlaubnis vorliegt.

Hier ist der Haken: Die Imame aus der Türkei und den arabischen Ländern kommen immer nur für kurze Zeit nach Berlin. Die vom türkischen Religionsministerium finanzierten und an die Moscheen entsandten Imamen sollen gar nicht länger als drei bis vier Jahre hier verbringen. Dann werden sie offiziell wieder abgezogen. Sie leben ähnlich wie Diplomaten, was diesen Punkt angeht. In anderen Moscheen, darunter alle nicht türkischsprachigen, die ihre Imame selber einwerben und bezahlen, sind die Imame oft noch viel kürzer hier, manchmal nur für Wochen für bestimmte Feiern. Der Aufenthalt ist nicht auf Dauer angelegt. Es wird weder ein Familiennachzug noch eine Niederlassungserlaubnis angestrebt. Möchten Sie vielleicht, dass das BAMF seine Regularien dahin gehend ändert, dass für Imame eine Sonderreglung eingeführt wird und sie Berechtigungsscheine bekommen? Das wäre wirklich einmal etwas Konstruktives, steht aber nicht in Ihrem Antrag.

Das ist auch nicht in Berlin zu regeln, denn das BAMF ist Bundessache. Das ist bequem, denn da hat man es wieder abgeschoben.

Im Antrag ist auch nur von Werbung die Rede. Mit was möchten Sie denn werben? Wie wollen Sie denn die Kurse für Menschen, die nicht einmal drei oder vier Jahre hier bleiben wollen, attraktiv machen? Sie hätten in den Haushaltsberatungen einen Antrag einbringen können, Deutsch- und Orientierungskurse für Imame gratis anzubieten. Die Kurse kosten für Selbstzahler ohne Berechtigungsschein vom BAMF, wenn man bei Null anfängt, 973 Euro. Legen Sie ein Programm auf, das den Imamen an Berliner Moscheen die Teilhabe gratis ermöglicht, dann können Sie mit 9 730 Euro pro Jahr zehn dieser geistlichen Männer diesen Kurs ermöglichen, dazu etwas Geld für ein Faltblatt, das die Moscheen auf die neue Möglichkeit hinweist. Den Rest, also den Einstufungstest und den Unterricht, machen die Volkshochschulen wie gehabt. Dann haben wir ein konkretes Projekt, und ich bin sicher, viele der Männer werden das annehmen, und die Gemeinden werden davon profitieren. Dann könnte man den Antrag ernst nehmen, aber so nicht.

Fakt ist nämlich: Sie wollen nur die Verhältnisse beklagen, ohne sie zu ändern. Das Problem wirklich anzugehen, würde bedeuten, Zeit und Anstrengung in die Erarbeitung eines Konzepts und eine Beratung mit den Moscheevereinen zu investieren, und Sie müssten selbst Geld in die Hand nehmen. Das ist Ihnen die Sache aber nicht wert. Die Ausbildung von islamischen Geistlichen und Lehrkräften in Berlin wäre die adäquate Antwort auf das Problem, aber Berlin hat die Bundesförderung für die Errichtung eines islamischen Lehrstuhls schlicht verschlafen. Die 20 Millionen Euro sind an Tübingen, Gießen, Erlangen und Münster gegangen, weil Berlin kein Konzept vorlegen konnte. Am 22. Mai dieses Jahres hat die Koalition wieder nur beschlossen, zu prüfen, ob in Berlin ein islamischer Lehrstuhl zu errichten ist. Was ist denn da bisher geschehen? Wir fordern, dass gemeinsam mit den Hochschulen und den islamischen Glaubens-gruppen endlich eine sinnvolle Lösung erarbeitet wird, statt dass hier Schaufensteranträge eingebracht werden.

Der Islam ist Teil unserer Stadt und muss auch so behandelt werden. Jetzt wird wieder nur geklappert und gestänkert: Seht her, die Imame können gar kein Deutsch! – Ihr Antrag ist unehrlich! Das Problem zu lösen, darf nämlich nichts kosten, darf auch keine Arbeit machen. Das Ziel dieses Antrags der Koalitionsfraktionen ist offenbar mit dem Meckern schon erreicht.

 

« Zurück