Schriftliche Anfrage: Geht es endlich weiter mit der Gefangenen-Seelsorge für Muslime und Musliminnen?

Das Druckdokument zur schriftlichen Anfrage "Geht es endlich weiter mit der Gefangenen-Seelsorge für Muslime und Musliminnen?" (S17/15902) finden Sie hier.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

1. Welche Aufgabe hat der neu gegründete Beirat? Wie oft hat er bisher getagt und wie ist er zusammengesetzt?

Zu 1.: Um den muslimischen Inhaftierten eine religiöse Betreuung durch Vertreterinnen und Vertreter ihrer Glaubensgemeinschaft zu ermöglichen und somit den religiösen Ansprüchen dieser Inhaftierten noch besser und strukturierter zu entsprechen, wurde der „Berliner Beirat für die religiöse Betreuung muslimischer Inhaftierter“ gegründet. Er soll dieses Vorhaben beratend begleiten und die Umsetzung in den Justizvollzugsanstalten unterstützen.

Am 19. Februar 2015 hat das erste Treffen des Beirates stattgefunden. Ein Folgetreffen ist für den 20. April 2015 geplant. Der Beirat setzt sich wie folgt zusammen:

Vertreterinnen und Vertreter muslimischer Verbände und Gemeinden:
Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge e.V., Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., Islamische Gemeinschaft der Schiitischen Gemeinden Deutschlands, Sermerkant Glaubens-und Kulturzentrum e.V., Berliner Strafgefangenen und Krankenhilfe e.V., Alevitische Gemeinde Berlin, Berliner Islamforum

Vertreterinnen der Wissenschaft: Humboldt Universität zu Berlin, Freie Universität Berlin, Runder Tisch für ausländische Inhaftierte.

Vertreterinnen und Vertreter des Berliner Senats:
Staatssekretär Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, Referent der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, Berliner Integrationsbeauftrage, Berliner Beauftragter für Religion und Weltanschauungsgemeinschaften.

Vertreterinnen und Vertreter der Berliner Justizvollzugsanstalten: Leitungen der Justizvollzugsanstalt Heidering und der Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin.

2. Wird der Beirat künftig Seelsorger auswählen und wie ist gewährleistet, dass der Verfassungsschutz nicht wieder im Nachhinein Personen „aussortiert“?

Zu 2.: Die genaue Vorgehensweise, in welchem Verfahren die Imame und religiösen Betreuerinnen und Betreuer empfohlen und ausgewählt werden, wird durch den Beirat in einer der kommenden Sitzungen festzulegen sein. Vor einer konkreten Festlegung und dem Einsatz in den Justizvollzugsanstalten wird die Sicherheitsüberprüfung durchgeführt werden, so dass es nicht nachträglich zu Ablehnungen kommen muss.

3. Wie ist künftig die Ausbildung neuer Seelsorger organisiert? Wer trägt die Verantwortung, wer finanziert?

Zu 3.: Die genaue Vorgehensweise, in welchem Verfahren die Imame und religiösen Betreuerinnen und Betreuer für die Seelsorge im Strafvollzug aus - und fortgebildet werden, wird durch den Beirat in einer der kommenden Sitzungen festzulegen sein. Die notwendigen finanziellen Mittel werden durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz getragen.

4. Wer ist im Dachverband vertreten, der von muslimischer Seite zur Einrichtung der Gefangenen-Seelsorge gegründet wurde?

Zu 4.: Einen Dachverband zur Einrichtung der Gefangenen-Seelsorge kennt der Senat nicht. Die 2012 gegründete „Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge“ e.V. (AGMGS) ist ein Zusammenschluss von sunnitisch-muslimischen Vereinen DITIB/Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., Islamische Föderation Berlin, IBMUS/Initiative Berliner Muslime, Deutsch-Arabischer Kulturverein/Haus der Weisheit e.V., Lichtjugend e.V., Islamic Relief Deutschland/Muslimisches Seelsorge Telefon, Gemeinschaft muslimischer Juristen e.V.) mit dem Vereinszweck der „Förderung derislamischen Seelsorge für Strafgefangene... und die Förderung der islamischen Religion“.

5. Wann hat sich das Islamforum 2013, 2014 und 2015 getroffen und was sind die aktuellen Themen dort?

Zu 5.: Das Islamforum hat am 06.01.2013, am 05.06.2013 und am 12.02.2015 getagt. Kurzprotokolle der Sitzungen, die 2013 stattgefunden haben, sind über den Link: www.berlin.de/lb/intmig/themen/islamforum/index. abrufbar. Auf der Sitzung im Februar 2015 wurden insbesondere die Themen Staatsvertrag mit Muslimen, Sachstand zu den Themen muslimische Gefängnisseelsorge, muslimische Friedhöfe bzw. Gräberflächen und Lehrstuhl islamische Theologie erörtert. Das Kurzprotokoll der Sitzung wird in Kürze auf der angegebenen Website eingestellt werden. Darüber hinaus hat am 31.3.2015 die Arbeitsgruppe „Aufnahme neuer Mitglieder in das Islamforum“ getagt und u. a. die Aufnahme der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz beschlossen.

6. Wie viele Seelsorger sind jetzt schon für muslimische Gefangene da?

7. Welche Ausbildung bzw. Vorbereitung haben diese Seelsorger für ihre Aufgabe bekommen?

Zu 6. und 7.: Aktuell werden die muslimischen Inhaftierten durch sechs Imame betreut, die aufgrund ihrer theologischen Ausbildung oderihres Status in den muslimischen Gemeinden Gruppenangebote und Einzelgespräche anbieten, Aktivitäten zu hohen muslimischen Feiertagen oder das Freitagsgebet in der Justizvollzugsanstalt Tegel begleiten.

8. Wie kann gewährleistet werden, dass den Gefangenen Seelsorger unterschiedlicher Ausrichtungen und/oder Traditionen des Islams zur Auswahl stehen?

Zu 8.: Um dieses zu gewährleisten, wurde der „Berliner Beirat für die religiöse Betreuung muslimischer Inhaftierter“ gegründet.

9.Wie viele zukünftige Seelsorger haben an den „Einführungskursen Seelsorge“ 1 bis 4 im November und Dezember 2012 teilgenommen?

Zu 9.: An den Ausbildungskursen haben 2012 insgesamt 28 Personen teilgenommen.

10. Was haben diese Kurse und ihre Vorbereitung gekostet? Was wurde insgesamt in diesen ersten Versuch einer Einführung muslimischer Gefängnisseelsorge investiert?

Zu 10.: Für die Vorbereitung der Einführung einer strukturierten religiösen Betreuung muslimischer Inhaftierter und insbesondere für die Vorbereitung und Durchführung der Ausbildungskurse wurden insgesamt 15.000,00 € investiert.

11. Welchen Stundenumfang und welche inhaltlichen Blöcke hatte die Ausbildung? Bitte auch die Termine nennen.

12. Wer war an der Entwicklung und Durchführung der Kurse beteiligt?

Zu 11. und 12: s. Liste im Druckdokument.

13. Wie viele der Beteiligten wurden vom Verfassungsschutz nach abgeschlossener Ausbildung „aussortiert“ und warum konnte das nicht zu Beginn schon geschehen?

Zu 13.:Der Verfassungsschutz hat keine Einzelpersonen „aussortiert“. Durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wurden der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Informationen auf der Grundlage der erbetenen Überprüfung übermittelt. Hiernach waren Einzelpersonen unter Sicherheitsaspekten als problematisch in unterschiedlicher Ausprägung einzuschätzen. Nachdem durch die muslimischen Verbände im September 2012 die Gruppe der möglichen religiösen Betreuerinnenund Betreuerzusammengestellt wurde, sind diese am 27. September 2012 über das Überprüfungsverfahren informiert worden. Parallel begann der Ausbildungskurs. Aufgrund der heutigen Erfahrungen, hätte auf den Rücklauf der Überprüfung gewartet werden müssen. Das Ergebnis war nicht zu erwarten, da die Bewerberinnen und Bewerber darüber informiert wurden, dass eine Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten bei negativen Hinweisen nicht möglich ist. Alle am 27. September 2012 anwesenden 26 Personen haben eine entsprechende Belehrung unterschrieben und der Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden zugestimmt.

14. Sind Personen, die an den Kursen teilgenommen haben, jetzt in Gefängnissen tätig? Wenn nein, warum nicht?

Zu 14.: Ja. Einige Personen dieser Gruppe sind in den Berliner Justizvollzugsanstalten bereits tätig gewesen und aktuell tätig.

15. Wie schätzt der Senat die Bedeutung von Gefangenen-Seelsorge für die Gefangenen ein –im Hinblick auf ihr Leben und Zusammenleben in der Haft sowie ihre Vorbereitung auf das Leben danach?

Zu 15.: Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz bewertet die Seelsorge für Inhaftierte durch einen Vertreter ihrer Religions-und/oder Weltanschauungsgemeinschaft als wichtigen und förderungswürdigen Bestandteil der freien Religionsausübung und als wesent-liche Unterstützung für die Berliner Justizvollzugsanstalten bei der Erfüllung ihrer im Strafvollzugsgesetz geregelten Aufgaben.

 

Berlin, den 14. April 2015
In Vertretung
Straßmeir
Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Apr. 2015)

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