Schriftliche Anfrage: Landesprogramm für Prävention und Deradikalisierung im Bereich Islamismus

Das Druckdokument zur schriftlichen Anfrage "Landesprogramm für Prävention und Deradikalisierung im Bereich Islamismus" (S17/16624) finden Sie hier.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:   

1. Welche Träger, Vereine, Moscheen, Projekte etc. in Berlin arbeiten in der Prävention und/oder Deradikalisierung im Bereich Islamismus/Salafismus? Welchen Arbeitsschwerpunkt haben diese jeweils?

2. Durch welche Gelder finanzieren sich jeweils die unter 1. aufgezählten Akteure und für welchen Zeitraum?

Zu 1. und 2.: Die als Anlage 1 beigefügte  Tabelle beinhaltet eine Übersicht über Träger, Vereine und Moscheen, die derzeit Präventions- und/oder Deradikalisierungsprojekte im Bereich Islamismus/Salafismus

  • mithilfe einer finanziellen (Teil-)Förderung von einer oder mehrerer Senats-verwaltungen und/oder 
  • mithilfe einer finanziellen (Teil-)Förderung durch Berliner Landesprogramme und/oder
  • in Verantwortung oder anderweitiger Kooperation mit Berliner Senatsverwaltungen oder ihren nachgeordneten Behörden durchführen.

In der Übersicht sind zudem sowohl Projekte und Maßnahmen erfasst, deren operative Umsetzung in Kürze beginnt, als auch solche, die zum Teil querschnittartig „Ideologien der Ungleichheit“ bzw. Probleme der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ oder spezifische Probleme des Antisemitismus bearbeiten. Obgleich sich der Handlungsansatz dieser letztgenannten Projekte teilweise nur mittelbar gegen gewaltorientierten Islamismus bzw. gegen religiös begründete Ungleichheitsideologien richtet, kann von einer generellen Präventionswirkung gegen  gewaltorientierten Islamismus ausgegangen werden.

Die Tabelle enthält, soweit die entsprechenden Informationen zugeliefert wurden, außerdem Angaben zu den jeweiligen Arbeitsschwerpunkten, zur Finanzierung und zu den Laufzeiten. Es ist darauf hinzuweisen, dass darüber hinaus im Land Berlin weitere Initiativen, Projekte und Maßnahmen bestehen, die durch Bundesmittel, Stiftungen oder andere Zuwendungsgeber (teil-)gefördert werden. Eine detaillierte Übersicht dieser Initiativen, Projekte und Maßnahmen wird im Rahmen der Implementierung des Berliner Landesprogramms Radikalisierungsprävention derzeit vorbereitet.

3. Wie bezieht der Senat diese Akteure und deren bereits entwickelten Konzepte in das neue Landesprogramm bzw. Netzwerk gegen islamistische Radikalisierung ein? Wie stellt er sicher, dass die bereits existierenden Strukturen und Ansätze im Landesprogramm berücksichtigt werden?

Zu 3.: Bereits in der Entstehungsphase des Berliner Landesprogramms Radikalisierungsprävention (BLPR) kam es zu Konsultationen zwischen den in der Beantwortung von Fragen 1. und 2. aufgeführten Akteuren wie auch zu ihrer aktiven Einbeziehung in den Arbeits- und Entwicklungsprozess, wie im Folgenden dargestellt wird.

  • Während der 35. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz am 18.03.2015 führte Innensenator Henkel im Rahmen der Vorstellung des Netzwerks gegen dschihadistisch-salafistische Radikalisierung (DeRadNet SenInnSport) aus, dass das Netzwerk in enger Kooperation mit dem zivilgesellschaftlichen Verein Violence Prevention Network e.V. (VPN) aufgebaut wurde. VPN, bundesweit aktiv und mit langjähriger Erfahrung im Bereich der Gewaltbereitschafts- und Extremismusprävention sowie der Deradikalisierung von extremistisch motivierten Gewalttätern, leistet seit dem 01.04.2015 im Rahmen von DeRadNet die konkrete Deradikalisierungsarbeit.
  • Eine weitere Einbindung relevanter Akteure und ihrer Konzepte erfolgte während der 36. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz am 15.04.2015, als unter Zuladung der Ausschüsse für Bildung, Jugend und Familie sowie Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen eine Anhörung von Vertreterinnen und Vertretern Freier Träger aus dem Bereich Extremismus-, Gewalt- und Radikalisierungsprävention durchgeführt wurde. Eine Auswertung dieser Anhörung fand in der 37. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz am 20.05.2015 statt.
  • Zudem tagte auf Einladung von Innensenator Henkel am 27.05.2015 erstmals ein Runder Tisch mit Vertreterinnen und Vertretern der Berliner Senatsverwaltungen sowie Expertinnen und Experten Freier Träger aus dem Bereich Gewalt- und Extremismusprävention, um über eine gemeinsame Präventions- und Deradikalisierungsstrategie zu beraten. Bei den Gesprächsteilnehmer/innen des Runden Tisches bestand Einigkeit darüber, die in Berlin bestehende Vielzahl an Projekten und Einzelmaßnahmen verstärkt aufeinander abzustimmen und langfristig finanziell durch Haushaltsmittel zu fördern. Als Ergebnis des Runden Tisches wurde die Landeskommission Berlin gegen Gewalt mit der Entwicklung einer gesamtstädtischen und ressortübergreifenden Präventions- und Deradikalisierungsstrategiein Form des BLPR beauftragt. Die Koordinierung des BLPR wird ab dem 01.01.2016 durch die neu zu schaffende „Landeskoordinierungsstelle Radikalisierungsprävention“ unter Federführung der Landeskommission Berlin gegen Gewalt erfolgen.

Die Art und Weise der künftigen Einbeziehung der Akteure und ihrer Präventions- und Deradikalisierungskonzepte in das sich derzeit noch im Aufbau und Abstimmungsprozess befindliche BLPR ergibt sich zum einen aus den darin genannten Zielformulierungen. So ist dort als Ziel genannt, die Gesamtheit der im Land Berlin bestehenden und von verschiedenen Zuwendungsgebern teil- oder gesamtfinanzierten Initiativen, Projekte und Maßnahmen zu bündeln, mit- und aufeinander abzustimmen und die jeweiligen Projektträger und Akteure strukturell miteinander zu vernetzen. Auf diese Weise sollen Synergieeffekte  erzeugt, relevante Schnittstellen sowie thematische Arbeits- und Schwerpunktbereiche identifiziert, konkretisiert und ggf. in kooperativer Zusammenarbeit erweitert werden. Damit wird sichergestellt, dass die schon existierenden Projektstrukturen berücksichtigt und die sich bereits bewährten Handlungsansätze der Akteure bei der Weiterentwicklung des  Landesprogramms als Berliner Präventions- und Interventionsstrategie aufgegriffen und ausgebaut werden.

Zum anderen ist eine kontinuierliche Einbindung verschiedener Akteure aus Praxis und Wissenschaft im Rahmen der durch das BLPR vorgesehenen Begleitgremien für dessen Fortschreibung beabsichtigt. Zu nennen sind hier insbesondere der Beirat, welcher als Informations- und Beratungsgremium für  relevante Berliner Akteure, Organisationen und Expertinnen und Experten eingerichtet werden soll, sowie der ressortübergreifende Qualitätszirkel, mit dem die Einbeziehung von weiterer fachlicher und wissenschaftlicher Expertise in das BLPR gewährleistet werden soll.

4. Wie soll die Medienberichten zufolge geplante Zusammenarbeit zwischen Berlin und Bayern für den Bereich des Strafvollzugs ausgestaltet sein? Welches Konzept und welche Zeitplanung liegt ihr zugrunde? Wie fügt sie sich in das Landesprogramm ein?

Zu 4.: Hinsichtlich Prävention und Deradikalisierung im Justizvollzug stehen die Justizministerien aller Bundesländer  in engem fachlichen Austausch. Ende Juni hat sich eine länderübergreifende  Arbeitsgruppe auf Referentenebene konstituiert, die ihren Ressortleitungen abgestimmte Vorschläge zu
Strategien und Handlungskonzepten im Umgang mit kriminellen Formen der Radikalisierung vorlegen wird. An dieser Arbeitsgruppe sind u.a. Bayern und Berlin beteiligt. Eine darüber hinaus gehende bilaterale Zusammenarbeit mit Bayern besteht nicht. Die Inkludierung in das Landesprogramm ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgestimmt. Das Landesprogramm ist jedoch so angelegt, dass Entwicklungen und Ergebnisse anderer Bereiche berücksichtigt werden können. 


Berlin, den 27. Juli 2015
 
In Vertretung
Andreas Statzkowski
Senatsverwaltung für Inneres und Sport

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Juli 2015)
 






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