Veranstaltungsbericht zur Podiumsdiskussion "Gemeinsam stark - Strategien für eine tolerante und offene Sonnenallee"

Am 5. Juni fand unsere Podiumsdiskussion „Gemeinsam stark – Strategien für eine tolerante und offene Sonnenallee“ statt. Bei der Veranstaltung  haben wir zusammen mit Expert*innen über die Zunahme der erfassten Gewalttaten in Nordneukölln, insbesondere gegen Frauen, Queere und Trans* Personen geredet. Weiterhin wurden Strategien aufgezeigt, um dieses Problem anzugehen. In diesem Rahmen wurde auch die letzten Herbst gestartete Kampagne „Sicherheit-Geborgenheit-Neukölln“ vorgestellt, die meine Kollegin Anja Kofbinger und ich gemeinsam mit der NBS e.V., einem Bündnis aus Gewerbetreibenden und dem Integrationsbeauftragten von Neukölln 2019 ins Leben gerufen haben.

Zum Anfang der Diskussion legten Ina Rathfelder, die das  BIWAK Projekt „Lokale Ökonomie“ in der Sonnenallee leitet, sowie Imam Mohamed Taha Sabri der Dar-as-Salam Moschee (NBS e.V.) ihre Motivation zum Mitwirken an der Kampagne „Sicherheit Geborgenheit Neukölln“ dar.
Ina Rathfelder hat 2015 die Arbeit mit den Gewerbetreibenden in der Sonnenallee aufgenommen. Die Sonnenallee sei schon seit den 90er Jahren als „die arabische Straße“ bekannt, in Wirklichkeit sei sie aber sehr divers und bunt, die arabischen Läden machen insgesamt ca. 30-40% der Geschäfte  aus. Besonders der nördliche Teil der Straße sei hoch frequentiert, das bringe natürlich auch Probleme mit sich, so Rathfelder. Die negative Stigmatisierung der Sonnenallee, die derzeit auch durch die Berichterstattung in den Medien befördert wird, werde von den Ladeninhaber*innen nicht so stark wahrgenommen. Als die Gewerbetreibenden jedoch auf die Angriffe angesprochen wurden,  waren sie schnell von der Grundidee der Aktion „Sicherheit Geborgenheit Neukölln“ überzeugt, viele machten mit und beteiligten sich aktiv an der Erarbeitung des Konzepts.  
Herr Sabri on der NBS e.V. berichtet, wie die vielen Vorfälle auf der Sonnenallee dazu geführt haben, dass sich die Gruppe aus verschiedensten Mitgliedern, die alle für einen Bezirk ohne Gewalt kämpfen, zusammengefunden hat. Die NBS hat den runden Tisch initiiert und viele der Bündnis-Partner*innen an Bord geholt. Wichtig war es Herrn Sabri besonders auch, das Thema nicht nur in einem intellektuellen Diskurs zu führen, sondern dieses auch in die Moschee, zu den Gemeindemitgliedern, zu bringen und direkte Kontakte, z.B. auch zur LGBTI* Community zu ermöglichen. So fand eines der meet4respect Treffen zwischen Gemeindemitgliedern der Moschee und LGBTI* Personen in der Dar-as-Salam Moschee statt.

Aus den vielen Treffen der Neuköllner Bündnispartner*innen entstand die Idee der Aktion „Sicherheit Geborgenheit Neukölln“, bei der wir gemeinsam einen Aufkleber entwickelt haben, der signalisiert dass die Aktionspartner*innen Gewalt jeglicher Art, insbesondere auch gegen Frauen und LGBTI* Personen, verurteilen, und davon betroffene Personen schützen. Schon nach wenigen Tagen hatten über 50 Gewerbetreibende und Vereine rund um die nördliche Sonnenallee den Aufkleber präsent in ihr Schaufenster gehängt.

Auch unser Podiumsgast Dr. Ulrich Klocke hat an den meet4respect Treffen mitgewirkt. Er forscht an der Humbodt Universität u.a. im Themenfeld Diskriminierung. Einer u.a. von ihm konzipierten bevölkerungsrepräsentativen Umfrage zufolge gibt es in der Bevölkerung Deutschlands große Zustimmung für gleiche Rechte für alle, sowie Erleichterungen im Bezug auf Adoptionen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern. Auch in der Schule solle, so ein Großteil der Befragten,  Akzeptanz gegenüber LGBTI* auf dem Lehrplan stehen. Auf der anderen Seite gäbe es noch immer viele Menschen die z.B. Probleme damit haben wenn ihre Kinder homosexuell sind oder Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen.
Durch die Meet2respect Begegnungsveranstaltungen für Muslime und LGBTI* Personen werde ein Raum für respektvolle Treffen mit offenen Gesprächen dieser unterschiedlichen Gruppen ermöglicht. Dies trage aktiv dazu bei, dass diese Gruppen die Sorgen und Ängste der anderen wahrnehmen und Vorurteile durch die Begegnungen abgebaut werden können. Auch Imam Sabri bestätigt dass die Treffen zwischen Muslimen aus den Gemeinden und LGBTI* Personen im Rahmen von Meet2respect bei den Teilnehmenden gut angekommen sind. Durch den persönlichen Kontakt könnten Differenzen besser akzeptiert werden und  respektvolle Begegnung ermöglicht werden.  Indem man das Thema auch weiterhin in der Moschee wiederholt anspricht werde die Akzeptanz zwischen den beiden Gruppen gestärkt. So wurden beim Freitagsgebet in der Dar-As-Salam Moschee, an dem ca 1000 Gläubige teilnehmen, auch schonmal die LGBTI* feindlichen Angriffe thematisiert, und klargestellt dass jegliche Gewalt ein Angriff auf die Freiheit des anderen sei, und Gewalt mit den Werten des Islam nicht vereinbar sei.

Unser Bündnis gegen Gewalt „Sicherheit Geborgenheit Neukölln“ wird auch weiterhin in Nord-Neukölln rund um die Sonnenallee aktiv sein um gemeinsam ein Zeichen für Toleranz und Offenheit zu setzen. Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf der Homepage.


Presseartikel zur Veranstaltung:
Neues Deutschland: Eine Sonnenallee für alle (7.6.2020)
Welt: „Der Einzige, der den Mut hat, Homophobie offen zu thematisieren“ (5.6.2020)

Hier finden Sie die Video-Aufzeichnung unserer Veranstaltung

 

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