Meine Rede im Parlament: Partizipations- und Migrationsgesetz beschlossen!

Die Koalition hat in dieser Legislatur unsere Demokratie gestärkt durch mehr Demokratie. Auch das Partizipations- und Migrationsgesetz ist ein Gesetz zur Stärkung unserer Demokratie.

Sehen Sie hier meine Rede im Mitschnitt.

Demokratie nämlich heißt, mehr als Wahlen, mehr als Repräsentation durch gewählte Vertreterinnen und Vertreter, mehr als parlamentarische Arbeit – so wichtig sie auch ist –, also mehr als das, was wir hier tun. Wir haben direktdemokratische Verfahren durch die Überarbeitung des Abstimmungsgesetzes transparenter und besser planbar gemacht. Wir haben Bürgerinnern- und Bürgerbeteiligung mit den Leitlinien für alle großen Vorhaben verbindlich gemacht. Wir haben eine Engagementstrategie aufgesetzt, und nun fügt das Partizipations- und Migrationsgesetz wichtige demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten hinzu bzw. stärkt sie, soweit sie in der ersten Fassung des Gesetzes vorhanden waren. Es handelt sich dabei um die Beauftragten, die Ausschüsse und vor allem um die Partizipations- und Migrationsbeiräte auf der Landes- und auf der Bezirksebene. In diesen Beiräten sitzen Menschen mit Migrationsgeschichte, um als Experten und als Expertinnen Verwaltung und Politik zu beraten. Im Landesbeirat ist zukünftig für die Vertretung der Geflüchteten ein Platz reserviert – das wurde schon gesagt –, denn in diesen Beiräten ist die Mitarbeit auch von Menschen erwünscht, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, auch wenn es sich in Berlin nicht ausdrücklich um Ausländerbeiräte handelt. Gute Politik holt sich in der Zusammenarbeit mit Beiräten Rat und Sachverstand. Beiräte sind, vor allem wenn sie gewählt werden, eine transparente Interessenvertretung. Genau das sollen die Partizipations- und Migrationsbeiräte leisten. Indem wir den regelmäßigen Austausch der bezirklichen Beiräte untereinander im Gesetz festgeschrieben haben – auch das hat die Kollegin Radziwill schon gesagt –, stärken wir zudem die Beiräte in den Bezirken, in denen sie bisher nicht wirklich eingebunden sind. Sie können so von den anderen erfahren, wie es auch besser gehen könnte.

Für einen der größten Erfolge des Novellierungsprozesses halte ich das gewählte Mitsprachegremium für die Roma und Sinti mit Migrationsgeschichte in Berlin, den Beirat für die Angelegenheiten der Roma und Sinti. Berlin ist historisch immer ein Anziehungspunkt für Menschen aus Südosteuropa gewesen: Künstlerinnen und Künstler, Tagelöhner, Klinikpersonal, Studentinnen und Studenten und Menschen auf der Flucht. Für mich ist dieses neue Gremium deshalb auch ein europapolitischer Erfolg.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der neu geschaffene Beirat gehört in den Zusammenhang eines freizügigen Europas. Er trägt zudem der historischen Verantwortung Rechnung, die Deutschland gegenüber den Roma und Sinti auch als europäischer Minderheit hat. Als größte europäische Minderheit haben Menschen mit Romnohintergrund fast überall schlechteren Zugang zu Arbeit, zur Gesundheitsversorgung und Bildung. Dafür tragen wir alle als Europäerinnen und Europäer gemeinsam Verantwortung.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Bettina Domer (SPD)]

Es ist gut, dass die in Berlin lebenden Angehörigen der Minderheiten zukünftig Vertreter und Vertreterinnen wählen und ihre Anliegen selber vertreten können. Und nur, um es noch einmal klarzustellen: Berlin ist damit einen anderen Weg gegangen als die Bundesländer, die Staatsverträge mit der deutschen Minderheit der Sinti und Roma geschlossen haben. Diese Verträge sind eine rein innerdeutsche Angelegenheit und haben eine völlig andere Zielsetzung. Den Berliner Beirat für die Angelegenheiten der Roma und Sinti haben Politik und Verwaltung in einem intensiven Diskussionsprozess mit den Organisationen der verschiedenen Communitys und Aktivisten und Aktivistinnen erarbeitet. Man kann sich vorstellen, wie gut es gewesen wäre, hätte der Beirat schon jetzt in der Coronazeit funktioniert, um dort die spezifischen Gefährdungen und
Bedarfe sowie die Fälle von Diskriminierung und Stigmatisierung ansprechen zu können. Zu den weiteren Wünschen der Menschen, die an dem Beirat mitgearbeitet haben, gehört die Mitsprache bei den Schulcurricula. Kommen die Sinti und Roma in der Geschichtsschreibung vor? Und wenn ja, wie? Wie offen ist die Kulturförderung für Menschen mit Romno-Hintergrund? Sie kennen sicher alle die Galerie am Moritzplatz, die zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler ausstellt. Aber was ist mit Theater und Musik? Außerdem wäre ein Thema natürlich die Abschiebung nach Moldawien. Und schließlich: Auch die Debatte um die neue Trasse der S21 und den Schutz des Mahnmals hätte dort stattfinden können.

Der Beirat wird nach Inkrafttreten des Gesetzes gewählt – so wie auch der Landespartizipationsbeirat. Es haben sich in den letzten Jahren Arbeitszusammenhänge und Routinen etabliert, die auf einen guten Start des Beirats hoffen lassen. Demokratie ist Partizipation, ist gemeinsame Verantwortung, ist die Vermittlung vielfältiger Perspektiven und Interessen. Das Partizipations- und Migrationsgesetz Berlins ist eine starke Stütze unseres demokratischen Systems, und ich freue mich, dass wir es heute beschließen werden.

– Vielen Dank!
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

 

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